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null ÖÄK: Johannes Steinhart ist neuer Präsident der Österreichischen Ärztekammer

Der neue ÖÄK-Präsident setzt sich für seine Amtszeit die Attraktivierung des Arztberufes und konsequentes Vorgehen gegen Fehlentwicklungen zum Ziel.

Im Rahmen des 145. Ärztekammertages hat die Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) am heutigen Freitag in Bad Radkersburg Johannes Steinhart zum neuen Präsidenten der ÖÄK gewählt. Steinhart, seit Mai 2022 Präsident der Wiener Ärztekammer, tritt damit auch auf Bundesebene die Nachfolge von Thomas Szekeres an.

Viele neue Gesichter gibt es im Präsidium der Österreichischen Ärztekammer. Zum ersten Vizepräsidenten wurde Harald Schlögel, Präsident der Ärztekammer für Niederösterreich, gewählt. Als weitere Vizepräsidenten fungieren die beiden Bundeskurienobmänner: Harald Mayer (Oberösterreich) wurde am Vortag in seine fünfte Amtsperiode als Obmann der Bundeskurie angestellte Ärzte gewählt, ebenfalls am Donnerstag übernahm Edgar Wutscher das Amt des Obmanns der Bundeskurie niedergelassene Ärzte. Zum Finanzreferenten wurde der Präsident der Ärztekammer für Steiermark, Michael Sacherer, gewählt.

Steinhart, der auf jahrelange Expertise im Gesundheitssystem und Erfahrung in der Kammerpolitik verweisen kann – unter anderem war er zehn Jahre lang Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte – legt den Fokus seiner Amtszeit darauf, in der Ärzteschaft Gemeinsames über Trennendes zu stellen. „Die zuletzt aufgetretenen Risse in der Ärzteschaft müssen geschlossen werden, wir Ärztinnen und Ärzte müssen angesichts der entscheidenden Weggabelungen, die vor uns und unserem Gesundheitssystem liegen, nun stark und geeint auftreten. Nur der Zusammenhalt macht uns — auch als Ärztekammer — im Gesundheitswesen zu einem einflussreichen Faktor. Darum sollten wir den Weg der kommenden Jahre so geeint wie möglich beschreiten. Natürlich braucht es einen ehrlichen Diskurs im Umgang miteinander, aber bei der Vertretung unserer Interessen sollten wir uns nicht auseinanderdividieren lassen. Wir müssen Fehlentwicklungen weiter offen ansprechen und auch klare rote Linien definieren, die wir dann auch entsprechend scharf verteidigen“, beschreibt Steinhart seine Zielsetzung.  

Im niedergelassenen Bereich gebe es eine ganze Reihe von Baustellen für die kommenden Jahre. „Wir brauchen im Kassenbereich eine neue Zeitrechnung, eine völlig neue Herangehensweise. Ärztinnen und Ärzte, aber selbstverständlich auch die Versicherten, brauchen ein stabiles und leistungsfähiges System, das den herausragenden Leistungen, die die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte nicht nur während der Pandemie, sondern jeden Tag erbringen, gerecht wird. Die Versorgung, die niedergelassene Ärztinnen und Ärzte leisten können, ist auf Champions-League-Niveau, aber wenn das System und die Rahmenbedingungen nur Bezirksligaformat haben, werden wir international nicht bestehen können“, verglich Steinhart. Hier bedürfe es rascher Verbesserungen. „Das beginnt zum Beispiel bei einer Vereinheitlichung der angebotenen Leistungen. Es kann doch im 21. Jahrhundert nicht angehen, dass die Straßenseite, auf der ich wohne, entscheidet, wie meine medizinische Versorgung aussieht. Mit viel Aufwand und enormen Finanzmitteln wurde eine Österreichische Gesundheitskasse geschaffen – jetzt kann man es doch nicht bei einer reinen Neutapezierung bewenden lassen, sondern muss endlich auch österreichweit denken. Von unserer Seite liegt seit fast zwei Jahren ein fertiger einheitlicher Leistungskatalog bereit, der mit viel Einsatz und Schweiß erarbeitet wurde. Dieser gehört endlich umgesetzt“, appelliert Steinhart. „Das wäre schon eine deutliche Verbesserung für die Menschen in diesem Land – ebenso ein Dispensierrecht für alle Ärztinnen und Ärzte, damit zum Beispiel im ländlichen Bereich der Zugang zum Medikament einfach und unkompliziert für alle möglich wird.“ Darüber hinaus müssten endlich die Arbeitsbedingungen im Kassenbereich verbessert werden. „Die alten Strukturen, die Deckelungen und die Bürokratie schrecken die jungen Ärztinnen und Ärzte von einer Tätigkeit im Kassenbereich ab – das ist nicht hinzunehmen. Ebenso wenig, den freien Arztberuf mit einem Rückfall in Zeiten der Planwirtschaft aushöhlen zu wollen“, so Steinhart.

Auch im Spitalsbereich stehen einige Herausforderungen an, etwa bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen. „Hier muss das Augenmerk darauf liegen, den Beruf des Spitalsarztes wieder attraktiver zu machen. Österreich befindet sich in einem internationalen Wettstreit um den Nachwuchs und wir wissen aus Untersuchungen, dass junge Ärztinnen und Ärzte sehr genaue Vorstellungen von ihrer Ausbildung und von ihrer Tätigkeit haben. Wenn sie das in Österreich nicht bekommen können, ist ein hoher Prozentsatz auch bereit, ins Ausland zu gehen“, hält Steinhart fest. Die Prioritäten der jungen Generation würden sich verändern, das müssten die Spitalsträger endlich auch in ihrem Angebot abbilden. „Ein Übermaß an bürokratischen Tätigkeiten, zu wenig Einbindung und zu starre Dienstpläne vergraulen die jungen Ärztinnen und Ärzte“, so Steinhart. Zudem drohe sich die Qualität der Ausbildung durch das Bestreben der Politik, die Bewilligung und Qualität der ärztlichen Ausbildungsstellen künftig in die Verantwortung der Länder zu verlagern, zu verschlechtern. Aus bloßem Machtstreben werde versucht, diese wichtigen Agenden, die die Ärztekammer bislang exzellent, höchst effektiv und objektiv ausgeübt hat, an dafür inkompetente Behörden auszulagern. „Die Ärztekammer wird mit allen rechtlichen Möglichkeiten gegen diese mutwillige Zerstörung eines bewährten Systems ankämpfen“, verspricht Steinhart.  

Eine weitere drohende Fehlentwicklung sei der Trend, Spitalsärztinnen und Spitalsärzte als Füllmaterial für Lücken in der niedergelassenen Versorgung verwenden zu wollen. „Dieses kurzsichtige ‚Loch auf, Loch zu‘ ist selbstverständlich keine ernstzunehmende Lösung und wird deshalb klar abgelehnt“, sagt Steinhart.  „Generell müssen wir das Berufsbild des Arztes deutlich aufwerten und seine Rolle angesichts des zunehmenden Ökonomisierungsdrucks stärken. Wir brauchen keine Medizinfabriken mit Behandlungen am Fließband und einer Unterscheidung in rentable und unrentable Patienten, wie es international immer häufiger vorkommt.“  

All das wird sich ohne mehr Investitionen ins System nicht umsetzen lassen, stellt der neue ÖÄK-Präsident klar: „Es muss Schluss sein mit Kostendämpfungspfaden und Kaputtsparen. Wir sehen bereits jetzt deutliche Versorgungslücken im Kassenbereich und gleichzeitig Schwierigkeiten, Ausbildungsplätze zu besetzen. Das ist das logische Resultat der Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre – aber so kann es nicht weitergehen. Die diversen Zwangsphantasien, die geäußert werden, sind der verzweifelte Versuch, ein totes Pferd noch weiterzureiten. Das ist selbstverständlich sinnlos und wir können uns derartigen Unsinn nicht mehr leisten – weder zeitlich noch finanziell. Die Menschen in diesem Land haben sich eine zukunftssichere und hochqualitative Gesundheitsversorgung durch freie Ärztinnen und Ärzte verdient – und dafür werde ich als Präsident der Österreichischen Ärztekammer kämpfen“, unterstrich Steinhart.

Zur Person

Johannes Steinhart, am 13. Januar 1955 in Wien geboren, promovierte 1983 zum Doktor der gesamten Heilkunde. In der Krankenanstalt des Göttlichen Heilands schloss er 1992 die Facharztausbildung für Urologie ab, begann dort seine Tätigkeit als Oberarzt an der urologischen Abteilung und wurde noch im selben Jahr auch ärztlicher Leiter und Geschäftsführer der Krankenanstalt. Beide Tätigkeiten übte er bis 2015 aus. Seit 1. Oktober 1993 ist er zudem niedergelassener Facharzt für Urologie mit allen Kassenverträgen in Wien.

Seine Tätigkeit in der Österreichischen Ärztekammer begann der nunmehrige Präsident 1999 als Mitglied der Bundeskurie niedergelassene Ärzte. 2007 übernahm er die ÖÄK-Referate für Telemedizin sowie Grundlagenarbeit und gesundheitspolitische Analysen. 2012 wurde er 3. ÖÄK-Vizepräsident und Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte, seit 2017 war er 2. ÖÄK-Vizepräsident. In der Ärztekammer für Wien ist Steinhart seit 1989 Mitglied der Vollversammlung und des Vorstands. Seit 1999 war er Vizepräsident sowie Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte der Ärztekammer für Wien, ehe er im Mai 2022 zum Präsidenten der Wiener Ärztekammer gewählt wurde und nun auch an der Spitze der Österreichischen Ärztekammer steht.

 


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