Neubau eines Einfamilienhauses in Gütersloh auf schmalem Grund

Das neue lichtdurchflutete Einfamilienhaus von Spooren Architekten im Zentrum von Gütersloh steht auf einem 300 m2 großen, schmalen Grundstück. Hierzu bedurfte es nicht nur eines klugen Entwurfs, sondern auch einer Befreiung von den beiden für das Grundstück geltenden Bebauungsplänen.

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Wohnraum ist knapp – nicht nur in Ballungsräumen. Auch in Gütersloh ist es mittlerweile schwer, eine passende Parzelle im Zentrum der Stadt zu finden. Das Grundstück, dessen sich das Büro Spooren Architekten in Gütersloh annahm, galt lange als unbebaubar: Ein schmales Tuch in zweiter Reihe mit gerade mal 300 m2 Baugrund. Die Hälfte davon wird nun von einem Einfamilienhaus mit Schuppen und Carport belegt. Doch wie kam es dazu, dass heute drei klare weiße Kuben wie ineinander gesteckt auf dem Grundstück stehen?

Kluger Entwurf auf die Grenze gesetzt

Zunächst einmal bauten die Architekten hier für sich selbst. Aber das allein reichte natürlich nicht aus, um auf dem schmalen Restgrundstück einen Neubau im Zentrum der Stadt zu errichten. Es bedurfte nicht nur eines klugen Entwurfs, sondern auch viel Geschick bei den Verhandlungen mit den Baubehörden der Stadt. Die Befreiung von zwei sich widersprechenden Bebauungsplänen ermöglichte schließlich nicht nur eine geschlossene Bauweise, um Platz für die Terrasse und den Garten zu erhalten, sondern auch eine Abweichung von der Dachform und der Anzahl der Vollgeschosse sowie die Überschreitung der Baugrenze. „Bei der Bauvoranfrage haben wir erfolgreich um eine Befreiung bei der Abweichung der bebaubaren Fläche gebeten“, sagt Architektin Lisa Spooren, die gemeinsam mit ihrem Vater Thomas Spooren das Architekturbüro leitet.

Lichtverhältnisse wie draußen

Betritt man das Haus, scheint sich von den Tageslichtverhältnissen nicht viel zu ändern. Drinnen ist es fast ebenso so hell wie draußen. Dies liegt an den großformatigen, außenbündig gesetzten Holzfenstern und an den drei Flachdachfenstern, durch die zusätzlich reichlich Tageslicht von oben in die Räume fällt. Vollends kommt der Effekt der großformatigen Fenster zum Tragen, wenn man im Wohnzimmer steht, dessen Luftraum die Deckenhöhe auf 5,45 m bringt. Gerade hier führen auch die großformatigen Glasschiebeelemente zur Terrasse hin dazu, dass der Unterschied von drinnen und draußen fast vollends verschwindet.

Solche Übergänge sind sämtlich barrierefrei, denn die Planer haben hier schon in die Zukunft gedacht: „Wir wollten ein barrierefreies Gebäude, in das meine Eltern später einmal bei Bedarf einziehen könnten und haben schon heute einen Haustausch einkalkuliert“, so Lisa Spooren.

Fast ein Passivhaus 

Die gestalterischen Ansprüche sind das eine, die energetischen das andere. „Im Passivhausstandard zu bauen, war aufgrund der ungünstigen Himmelsausrichtung und der damit verbundenen geringen solaren Gewinne nicht möglich. Auch das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen passte bei einem so lang gezogenen Haus einfach nicht“, erklärt Lisa Spooren. Stattdessen setzten die Architekten auf eine konsequente Wärmedämmung unter Einsatz von Passivhauskomponenten. Ein besonderes Augenmerk galt dabei der Bodenplatte. Sie sollte als Speichermasse mit in das Haus einbezogen werden. Hierzu kam auf den Schotter zunächst eine 5 cm dicke Schicht Magerbeton. Diese zogen die Handwerker glatt ab und verlegten darauf eine Bodendämmung aus 22 cm dicken XPS-Platten. Erst darauf gossen die Rohbauer den Stahlbeton für die Bodenplatte. „Weil die Dämmung darunter ist, braucht oben keine Dämmung mehr drauf. Daher musste auch kein schwimmender Estrich verlegt werden“, sagt Architekt Thomas Spooren.

Auf die Bodenplatte mauerten die Handwerker Innenwände aus Kalksandstein. Für die Außenwände verwendeten sie Porenbetonsteinen, die außenbündig auf der Bodenplatte stehen. So konnte die Außendämmung des WDVS aus Mineralwolle im Übergang zur Perimeterdämmung vertikal vor die Dämmlage aus XPS-Platten gezogen werden. Dadurch konnte der Bodenaufbau im Detail so angeschlossen werden, dass er in die Speichermasse des Hauses mit eingeht.

Heizestrich mit Parkettlack 

Für die Installation verlegten die Handwerker die Rohre direkt auf der Bodenplatte zusammen mit einem 6 cm dicken Estrich auf  Trennlage. Darauf folgte der Einbau des maschinell geglätteten Heizestrichs für die Fußbodenheizung. „Dieser bildet die fertige Oberfläche, die nur noch mit einem Parkettlack gestrichen wurde“, erklärt Lisa Spooren. „Eigentlich ist der Parkettlack dafür gar nicht gedacht. Aber wir haben damit schon mehrere Versuche gemacht und bereits 15 Jahre Erfahrung. Eine alles in allem günstige Lösung, denn Bodenbeläge sind sonst ziemlich teuer. Der Lack wurde ausgeschüttet und einfach mit der Rolle verteilt. Das geht ziemlich zügig“, ergänzt Thomas Spooren.

Außenputzbündige Fenster ohne außenliegenden Sonnenschutz

Zum puristischen Erscheinungsbild des Hauses tragen die mit der Fassade außenputzbündig eingebauten Fenster bei. „Das Glas sollte so weit wie möglich bündig mit der Fassadenoberfläche sein“, erzählt Architekt Thomas Spooren.

Um die Optik der mit der Fassade bündig eingebauten Fenster nicht zu stören, verzichteten die Architekten auf einen außenliegenden Sonnenschutz und entschieden sich für innen angebrachte Rollos. „Das ist natürlich nicht so effektiv wie ein außenliegender Sonnenschutz“, sagt Lisa Spooren. Dass es trotz der großen dreifach verglasten Fenster im Sommer im Haus zu keiner Überhitzung kommt, liegt zum einen an der Tiefenbohrung, dank der das Haus im Sommer gekühlt werden kann. Zum anderen unterstützt auch die Lüftungsanlage dabei, das Gebäude in der Nacht herunterzukühlen.

Die Rahmen der Fenster bestehen aus einer Pfosten-Riegel-Konstruktion, die sich oben mit einem integrierten Kasten für das innenliegende Rollo verbinden lassen. Hierfür und auch für die Türen verwendete der Tischler Kiefernholz. Außen werden die Fenster und Türen durch graue Aluminiumprofile geschützt.

Flachdachfenster unterstützen natürliche Belichtung 

Der einzige Raum, der keine solchen Fenster besitzt, ist das innenliegende Bad. Dieses wird durch ein elektrisch zu öffnendes Flachdachfenster natürlich belichtet. Zwei weitere dieser Flachdachfenster wurden im Flur zur Unterstützung der natürlichen Belichtung eingebaut. Bei diesen verzichtet man allerdings auf eine elektrische Öffnungsmechanik.

Die obersten Stahlbetondecken erhielten eine Bitumenbahn mit Voranstrich als Dampfbremse – eine Notabdichtung, damit die Feuchtigkeit aus dem frischen Beton nicht in die Dämmung zieht. Darauf verlegten die Handwerker 26 bis 35 cm dicke Polystyrol-platten als Flachdachdämmung. Da die gedämmten Aufsatzkränze der Flachdachfenster in der Höhe für solche Dämmstoffdicken nicht ausgelegt sind, mussten die Handwerker sie mit Holz erhöhen. Den Abschluss bildet eine doppelte Bitumenlage mit einem Aufbau für eine Flachdachbegrünung.

Fazit

„An manchen Stellen haben wir mehr gemacht, an anderen Stellen auf die Kosten geachtet“, sagt Thomas Spooren. Gemeint ist damit zum Beispiel ein Verzicht auf kostspielige Fußbodenbeläge, teure Innentüren und Lampen. Letztere sind einfache Keramikfassungen für Glühbirnen, die an den Sichtbetondecken montiert wurden.

Die Kosten für das Einfamilienhaus belaufen sich auf etwa 380 000 Euro. Abzüglich eines eingeplanten Architektenhonorars in Höhe von 64 000 Euro ergeben sich Baukosten in Höhe von 316 000 Euro, also rund 2180 Euro je Quadratmeter  Wohn- und Nutzfläche, beziehungsweise 2620 Euro je Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche, wenn man das Architektenhonorar mit einrechnet – ein guter Preis für das schlichte zweigeschossige Haus mit seinen großen Fenstern.

Das Mehr bezieht sich eher auf den Einfallsreichtum, was die Planung anbelangt. Darauf, dass heute ein schmales Einfamilienhaus auf einem Grundstück steht, das als unbebaubar galt. Und darauf, dass trotz der für ein Passivhaus ungünstigen Rahmenbedingungen der Heizenergiebedarf des Hauses bei 28 kWh/m2a liegt. So ließ sich mit Solarthermie auf dem Dach ein KfW 40 Haus realisieren und auch die hierfür vorgesehene Förderung nutzen.

Autor

Dipl.-Ing. Thomas Wieckhorst ist Chefredakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

Baubeteiligte (Auswahl)

Bauherrin Christel Spooren, Gütersloh

Architekten Spooren Architekten, Lisa und Thomas Spooren, Gütersloh, www.spooren-architekten.de

Statik Dipl.-Ing. Bernd Klieve, Versmold, www.ingenieurbuero-klieve.de

Rohbauarbeiten Ulrich de Carnée, Gütersloh, www.de-carnee.de

Putzarbeiten Paulo de Faria, Bielefeld, www.stucktechnik.com

WDVS-Arbeiten Martin Pott, Melle, www.raumausstattung-pott.de

Fensterbau Wimmelmeier Fenster und Türen, Rietberg, www.wimmelmeier.de

Sonnenschutz Rickmann-Rehage, Gütersloh, www.rickmann-rehage.de

Estricharbeiten Estrich Möller, Gütersloh, www.estrich-moeller.de

Dachdeckerarbeiten A.Pähler Bedachungen, Gütersloh, www.dachdecker-guetersloh.de

Herstellerindex (Auswahl)

Dämmung unter Sohle Austrotherm, Wittenberge, www.austrotherm.de

Porenbetonsteine Porit, Rodgau, www.porit.de

Kalksandsteine KS-Original, Hannover, www.ks-original.de

Flachdachfenster Velux, Hamburg, www.velux.de

Sockeldämmung Swisspor Deutschland, Harzgerode, www.swisspor-deutschland.de

Weitere Informationen zu den Unternehmen
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