Marktpotenzial Sommergarten

Outdoor Living puscht Segment

Gegenüber dem Wintergarten hat der moderne, kubische Glasvorbau, dessen Wände sich bei Bedarf öffnen und schließen lassen, klar die Nase vorn. Er ist preiswerter und der Raum vielfältig nutzbar.

Hat der klassische Wintergarten ausgedient? Sein Marktvolumen ist zwar spürbar rückläufig, doch ganz verdrängen wird ihn der Sommergarten nicht, sind sich Anbieter einig. Axel Reinhardt leitet bei Metallbau Schuler den Unternehmensbereich Wintergarten, er bringt es auf den Punkt: „Der Wintergarten macht nur Sinn, wenn man bewusst ganzjährig nutzbaren Wohnraum hinzugewinnen will.“ Bei Schuler Metallbau sind von 92 Mitarbeitern 16 Angestellte mit der Fertigung und Montage von Terrassendächern und Sommergärten beschäftigt. Den Schwerpunkt des Portfolios bildet der klassische Metallbau mit Fassaden, Fenstern, Türen und Brandschutzelementen.

Zunehmende Nachfrage

Sowohl das Statistische Bundesamt der Bundesrepublik Deutschland als auch das österreichische Marktanalyse-Institut Branchenradar haben keine Zahlen oder Statistiken zu den Themen Winter- und Sommergarten erhoben. Franz Wurm hingegen, erster Vorsitzender des Wintergarten-Fachverbandes und gleichzeitig Sachverständiger mit eigenem Büro, berichtet, dass der starke Zuwachs an Sommergärten vor zwei, drei Jahren sogar zweistellige Prozentzahlen erreichte. Auch Mario Altehoff, Produktmanager bei Solarlux, sieht eine Verschiebung der Nachfrage zugunsten von Sommergärten: „Schätzungsweise liegt die Order von Sommer- zu Wintergärten bei 60 zu 40 Prozent.“ Und Sebastian Zajec, Produktmanager Tebau bei der Unternehmensgruppe Alfred Bohn, erwartet sogar eine weitere Steigerung. Axel Reinhardt bestätigt dies: „Der Sommergarten ist ein noch junges Produkt mit einer dynamischen Entwicklung.“ 2018 verkaufte das Metallbauunternehmen Schuler mehr Sommer- als Wintergärten. Mitte 2019 lag der Auftragseingang allerdings genau umgekehrt, bisher wurden doppelt so viele Wohnraumwintergärten wie Sommergärten bestellt. Die Antwort darauf wüsste Reinhardt allerdings gern selbst, um größere Planungssicherheit zu haben.

Die starke Nachfrage nach Sommergärten bringt viele Hersteller und Zulieferer auf den Markt. „Und viele Marktteilnehmer beschränken sich auf standardisierte, preiswerte Lösungen“, so Sebastian Zajec. Auch die Fensterindustrie bietet in diesem Segment unterdessen ein reiches Sortiment an, sodass kleinere Handwerksbetriebe oder Rollladen- und Sonnenschutzmonteure günstige System- bzw. Fertigprodukte montieren können. „Allerdings ist vielfach ein Preisrutsch nach unten die Folge“, so Franz Wurm.

Ganzjährig nutzbar

„Die Käuferschicht für einen Winter- bzw. Sommergarten zählt in der Regel zur Altersgruppe 55 plus“, sagt Axel Reinhardt. Jüngere hätten hierfür oft kein Budget, denn solide Wintergartenkonstruktionen mit Dreifach-Isoliergläsern nach der EnEV können schon mal 60.000 Euro und mehr kosten. Der Sommergarten liegt nach seinen Angaben etwa 20 Prozent darunter. „Denn damit der Wintergarten ganzjährig genutzt werden kann,“ begründet Sebastian Zajec, „müssen deutlich mehr Punkte in der Planung berücksichtigt werden, zum Beispiel Fundament, Rahmenkonstruktion, höherwertige Verglasung, Heizung, Belüftung sowie Beschattung.“ Doch der zusätzliche Wohnraum wird oft gar nicht benötigt, vor allem wenn Kinder ihre Zimmer im Elternhaus bereits geräumt haben.

Eigentlich wünschen sich viele Hausbesitzer lediglich einen geschützten Außenbereich, den sie je nach Witterung halb oder ganz schließen können. Und für diesen Zweck bietet sich der Sommergarten mit Dach und feststehenden oder öffenbaren Wandelementen an. „Wobei der Begriff Sommergarten nicht wirklich passend ist“, macht Stefan Brüggemann, Produktmanager von Weinor, deutlich. „Denn diese Glasoasen lassen sich ab dem Frühjahr bis in den späten Herbst nutzen.“ Selbst im Winter kann sich der Innenraum durch die Sonneneinstrahlung so sehr aufheizen, dass sich Nutzer für längere Zeit dort aufhalten können. „Doch der klassische Wintergarten wird nicht aussterben“, ist sich Sebastian Zajec sicher.

Maximale Transparenz

Die statisch außen liegende Grundkonstruktion wird meist aus unisolierten Aluminiumprofilen errichtet, seltener aus Stahl oder Holz. Verkleidet wird mit transparentem Sicherheitsglas, damit möglichst viel Licht durchdringt. Im Dachbereich verwendet Metallbau Schuler meist ein 10 mm starkes Verbundsicherheitsglas (VSG), feststehende Seitenteile werden mit 6 mm VSG gefüllt. Wobei die Glasstärke immer statisch nachgewiesen werden muss. Fast immer wünschen die Kunden Glasschiebetüren, die von der Firma Weinor zugekauft werden. „So sieht der Kunde innen nur Glas“, sagt Axel Reinhardt. Zu Reinigungszwecken dürfen die Gläser kurzfristig betreten werden, wenn für ausreichende Sicherheit gesorgt ist, wie z. B. durch Fangnetze. Die außenliegende Statik gestattet Dachüberstände von 60 bis 70 cm, weil die Sparren einfach verlängert werden können. Von Vorteil ist das auch für die Entwässerung. Die Scheibe ist zweigeteilt, wobei der längere Teil in eine Rinne entwässert und die zweite, kürzere Scheibe einfach nach vorn entwässert. „Das ist eine optisch klare Lösung, die bei den Kunden gut ankommt“, berichtet Reinhardt.

Der Trend zur maximalen Transparenz ist beim Sommergarten stark. Deshalb werden großflächige Glasschiebetüren bevorzugt, die in bis zu fünf Spuren laufen. Faltglastüren bleiben die Ausnahme und wurden bei Weinor wegen zu geringer Nachfrage sogar aus dem Programm genommen. Festelemente werden in der Regel nur in den Dreiecksbereichen unter dem Dach verbaut, oft auch mit Kippfenstern, um die Stauwärme abzuleiten. Gegen Stauwärme können auch im Dachbereich Öffnungen bzw. Fenster integriert werden.

Systeme im Baukasten

Axel Reinhardt ist froh, dass unterdessen Systemlieferanten gut funktionierende Glasschiebetüren und Glasschiebewände anbieten. Bis vor Kurzem mussten diese Elemente selbst gebaut werden, was aber deutlich teurer war. Alles andere fertigt Metallbauer Schuler nach wie vor selbst. Hierzu werden eigene Profile verarbeitet, die der belgische Profilgeber Aliplast liefert. „Wir sind damit erstens flexibler, zweitens günstiger und können drittens schneller liefern. Und wir bleiben weitgehend unabhängig“, erläutert Axel Reinhardt. Auch für die Auslastung des Betriebes sei es ein großer Vorteil, denn „wer outsourct, hat keine Fertigung mehr“, sagt er.

Was die Farbpalette anbelangt, so ist es wiederum kein Problem, Zukaufelemente mit den im eigenen Hause hergestellten Bauteilen zu kombinieren. Reinhardt lobt: „Weinor liefert mit seinen beiden Beschichtungsstrecken zu 100 Prozent dieselben Farbtöne. Wir verwenden unterdessen keine RAL-Farben mehr, sondern beschichten mit matten Strukturfarben, die viel wärmer und harmonischer wirken und außerdem weniger kratzempfindlich sind.“

Generell kommt es immer häufiger vor, dass Glastüren unter bereits vorhandene Terrassendächer gebaut werden. „80 Prozent der Kunden rüsten im Durchschnitt zwei Jahre später nach“, berichtet Axel Reinhardt. Dabei spielt es fast keine Rolle, von welchem Hersteller das bestehende Dach ist, bestätigt Stefan Brüggemann und sagt: „Viele unserer Metallbaukunden machen dies erfolgreich. Ein häufiger Grund ist auch, dass unsere Produkte genau entsprechend den Anforderungen bestellt werden können.“ Das gilt auch für Markisen als auf- oder untergesetzte Varianten oder die Senkrecht-Markise VertiTex II. Wobei es gerade beim Zubehör Sinn macht, alles vom selben Hersteller zu wählen, damit der Kunde beispielsweise nicht mehrere unkompatible Steuerungen bedienen muss.

Verschiebbare Glasdächer

Im Gegensatz zu Metallbau Schuler ist die Firma Elme Sicherheitssysteme und Metallbau ein klassischer Kleinbetrieb mit zwei Mitarbeitern und zwei Auszubildenden. Der Fokus liegt auf Sicherheitstechnik und Glasbau. Geschäftsführer York Leopold registriert vor allem in jüngster Zeit mehr Investitionen von Privatpersonen ins Eigenheim und damit auch einen Trend hin zum Sommergarten. „Der Sommergarten ist wesentlich kostengünstiger als ein Wintergarten“, berichtet er. Für einen realen Vergleich sind allerdings Aspekte wie zum Beispiel Statik, Heizung, Lüftung oder Sonnenschutz zu betrachten. Ganz besonders besticht der Sommergarten durch seine flexible Nutzbarkeit. „Gerade bei wechselndem Wetter bietet ein verschiebbares Glasdach viele Vorzüge beim Grillen. Keine aufkommende Hektik mehr und das Räumen vor dem großen Regen entfällt“, sagt York Leopold.

Hat der Sommergarten eine umlaufende Glaswand mit Türöffnungen, stellt das bei einem Einbruch eine zusätzliche mechanische Barriere dar, „denn der Einbrecher benötigt mehr Zeit, um zur eigentlichen Gebäudehülle zu kommen“, erläutert er. Auch Terrassendächer mit verschiebbaren Glaselementen und zusätzlichem Markisenschutz sind beliebt, „da das Aufheizproblem bei Terrassendächern immer ein Thema ist.“ Ob innen- oder außenliegende Statik, das wird bei Elme gern dem Kundenwunsch angepasst.

Und wer schon ein Terrassendach hat, das nur bei Bedarf schließbar sein soll, der bekommt Schiebewände oder Faltwände aus Glas. Aber oft seien die bestehenden Dächer sehr einfach konstruiert und mit Doppelstegplatten belegt und müssten zugunsten einer fachgerechten Gesamtlösung entfernt werden. Allein schon aus statischen Gründen und der sich ergebenden Gewährleistung. Insofern werden viele Lösungen individuell und neu projektiert und gebaut.

Das Unternehmen Elme ist Fachpartner von Solarlux. York Leopold lobt sowohl das optisch ansprechende Produktportfolio und die kurzen Fertigungszeiten als auch die partnerschaftliche Zusammenarbeit, insbesondere mit den Fachberatern. Leopold, der gelernter Werkzeugmacher ist, Maschinenbau studierte und noch ein Wirtschaftsingenieurstudium absolvierte, plant und konstruiert die meisten Projekte selbst. Bei Bedarf erhält er von Solarlux zusätzlich architektonische Beratung und planerische Unterstützung. „Die Fachberater haben sehr gute Netzwerke und vermitteln zwischen Architekten, Bauherren und uns“, lobt er.

Im Trend: Der Cube

Franz Wurm weist darauf hin, dass sich der Sommergarten seit Ende der 80er-Jahre von einer anfänglich reinen Überdachung immer mehr zu einem geschlossenen Raum mit Glasfalt- und -schiebetüren entwickelt hat. Trotzdem bleibe seiner Ansicht nach für den individuellen, architektonisch herausgehobenen Sommergarten-Glasbau ausreichend Kaufinteresse. Dabei werde laut Wurm das leicht geneigte Pultdach mittlerweile immer weiter an den Rand gedrängt. „Rechteckbauten mit Lamellendächern, sogenannte Cubes, haben die letzten R+T-Messen in Stuttgart regelrecht überschwemmt. Das Flachdach, teilweise fest eingedeckt oder mit Lichtdachaufsätzen als Satteldach- oder Zeltdachkonstruktion, mit Spindelhubfenstern oder Ähnlichem, wird immer beliebter. Die Öffnungsmöglichkeiten sind bei allen Dachformen vielfältig. Meist werden Schiebe- und Faltelemente mit und ohne Rahmen oder Festverglasungen verbaut“, erläutert Franz Wurm.

Sebastian Zajec bestätigt, dass Optik und Design eine immer wichtigere Rolle spielen. Der kubische Sommergarten Terra Linea zählt zu den Favoriten. Im Trend liegen nach seinen Angaben auch Dächer aus pulverbeschichtetem Aluminium mit Zip-Anlagen zur Beschattung. „Dabei sind immer größere Glasflächen, mit möglichst wenig Sparrenelementen gefragt. Unser TerraLux-Konstruktionssystem bietet bis zu 50 Prozent breitere Glasflächen und sorgt damit für freiere Sicht und naturnahe Wohnatmosphäre.“ Die Anforderungen an die Statik sowohl der Verglasung als auch der Konstruktion sind bei dieser Bauweise etwas höher. Das System wurde 2019 in den Markt eingeführt.

Info & Kontakte


Metallbau Willy Schuler GmbH & Co. KG
Werkstrasse 1
D-52531 Übach-Palenberg
Tel. 02451 90300 0
info@schulermetallbau.de www.schulermetallbau.de

elme sicherheitssysteme & metallbau GmbH
Rosa-Luxemburg-Straße 1
D-15806 Zossen/ Waldstadt
Tel. 033702 6000 98
post@elme-sicherheitssysteme.de
www.elme-sicherheitssysteme.de

Wintergarten Fachverband e.V.
Postfach 10 02 17
D-83002 Rosenheim
Tel. 08031 8099 845
info@wintergarten-fachverband.de
www.wintergarten-fachverband.de

Weinor GmbH & Co. KG
Mathias-Brüggen-Str. 110
D-50829 Köln
Tel. 0221 59709 0
info@weinor.de
www.weinor.de

Solarlux GmbH
Industriepark 1
D-49324 Melle
Tel. 05422 9271 0 info@solarlux.de
www.solarlux.de

Alfred Bohn GmbH & Co. KG
In der Au 14 – 16
D-74889 Sinsheim
Tel. 07261 687 01
info@albohn.de
www.albohn.de

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