Perimeterschutz bei VW

Wolfsburg setzt auf Video & Automatisierung

In Wolfsburg befindet sich die größte Automobilfabrik der Welt mit zwei Kraftwerken. Es handelt sich um den Hauptsitz der Volkswagen AG. Die Länge des Zauns um das Grundstück misst ca. 14,6 Kilometer, eine Presseeinladung der Messe Nürnberg hat einen Einblick in den Perimeterschutz gewährt. Vorab: Bislang hat der Konzern nur eine Drohne im Einsatz, aber die Abteilung Objektschutz plant Drohnenpiloten auszubilden.

Der Perimeterschutz wurde neu aufgebaut und hält sich an die Sicherheitsstandards des Konzerns. Die Maßnahmen aus den Bereichen mechanische Barrieren, Detektion und Videotechnik wurden aus dem Sicherheitshandbuch entnommen. Entlang des Zauns im Abstand von ca. 300 Metern wurde an 53 Masten Videotechnik verbaut. Insgesamt wurden 53 Schwenk-Neigeköpfe mit jeweils einer Tag-/Nachtkamera (Bosch) und einer Thermalkamera (Flir) installiert; die Software stammt von Siemens. Zudem befinden sich zusätzlich sechs statische Thermalkameras an neuralgischen Punkten wie z.B. dem Hafenbecken. Laut Info der VW-Sicherheitsbeauftragten werden rund 100.000 Euro jährlich für die Wartung und Instandhaltung der Videotechnik bereitgestellt.

„Die Zaundetektion ohne Videotechnik ist zu personalaufwändig, weil bei jeder Meldung über eine Bewegung vor Ort die Situation kontrolliert werden muss“, erklärte Andreas Fietze, der im VW Konzern den Objektschutz leitet. Die Geschehnisse an der Außenhaut werden für ca. 96 Stunden aufgezeichnet und die Aufnahmen dann, wenn es keine Vorfälle gab, gelöscht.

Häufigste Auslöser von Detektionen seien Überstiege und der Versuch, den Zaun durchzuschneiden. Die Meldungen der Detektion funktionieren bis auf 30 Meter genau, das Sicherheitspersonal ist so positioniert, dass immer in ca. 20 Minuten jemand vor Ort sein kann. Wichtig: Wenn Passanten gegen den Zaun treten, schlagen oder ihr Fahrrad anlehnen, wird keine Detektion ausgelöst.

In die Zaunanlage integriert sind die personenlosen vollautomatischen LKW-Schleusen mit zwei Faltflügeltoren von Zabag. Das Tor LKW verzeichnet täglich etwa 12.000 Ein- und Ausfahrten und ist an der obersten Kapazitätsgrenze, auch von der vorhandenen Infrastruktur, angekommen. Um das Tor zu entlasten und den JIT Verkehr von 600 einfahrenden LKW´s zu beschleunigen (Durchfahrzeit: 1 Minute) wurde diese vollautomatische LKW-Schleuse gebaut mit Kennzeichenerkennung (RFID). Die Kosten inklusive Tiefbau und Straßenumbau beliefen sich auf ca. 490.000 Euro. Gesichert wurden die Anlagen mit Videokameras, Lichtschranken und Induktionsschleifen als Einbruchmelder.

Besuchermanagement-System

Das neue Online-Besuchermanagement-System wird künftig die Verwaltung von Zugangsberechtigungen wie der Beantragung, Prüfung und Löschung der Berechtigungen für Personen und Fahrzeuge verändern. Dies beinhaltet die Erhebung von Personen innerhalb eines Zutrittbereichs (z.B. Werksgelände). Zudem ist ein automatisierter und manueller Abgleich gegen Prüflisten, z.B. Werkverbot, von Personen vor Zugangsberechtigung möglich. Zugangsberechtigungen gelten für Personen wie interne Mitarbeiter, Mitarbeiter von Partnerfirmen und Besucher sowie für Fahrzeuge wie Geschäftsfahrzeuge, Fahrzeuge von Partnerfirmen und WA-Leasing.

Die Volkswagen AG wird in Zukunft im Bereich der Besucherverwaltung ein System nutzen, dass sich durch drei Parameter auszeichnen soll: Kundenfreundlichkeit durch kürzere Abwicklung; Nutzerfreundlichkeit durch bereits bekannte Bedienelemente; Nachhaltigkeit durch Unterstützung von anderen Prozessen.

Um das Sicherheitsniveau zu erhöhen, wird im Vorfeld eine genauere Recherche der Besucher ermöglicht. „Die Zeit für die Anmeldung am Werkstor verkürzt sich durch Online-Registrierungen, bei denen QR-Codes erstellt werden, die dann beim Besuch am Eingang vom Werkschutz mit den Daten abgeglichen werden können“, erläuterte Fietze.

Weitere Vorteile, die aus dem System entstehen, sind zum einen, dass die Zettelwirtschaft durch ein Onlinekonto abgelöst wird und sich die Abwicklungsphase am Eingang verkürzt. Zudem können Auskünfte über die Anwesenheit von Personen auf dem Werksgelände gegeben werden. Darüber hinaus verbessert sich die Arbeitssituation der Werkschutz–Mitarbeiter, da mehr Zeit für die eigentlichen Kontrollfunktionen besteht.

Automatisierte Ein- und Ausfahrt

Statt visueller Kontrolle der Ausweise, welche durch ihre schlechte Erkennbarkeit einen genauen Sichtabgleich fordern, wird es einen Nutzerkreis mit fahrzeugbezogener Einfahrtsberechtigung geben (RFID). So können unberechtigte Fahrzeuge sofort identifiziert werden. Somit entfällt auch die genaue Prüfung auf die Gültigkeit der Ausweise und lässt einen schnelleren, lückenlosen Zugang zu. Ein weiterer Schritt ist die Zutrittskontrolle der Bus-Shuttle. Insgesamt befahren täglich 339 Busse mit weit über 10.000 Fahrgästen das Werk. Diese Busse sind unterteilt in Öffentliche Busse (ÖPNV) und den VW-Shuttle, welcher die Mitarbeiter von den Parkplätzen in das Werk bringt. Für die öffentlichen Buslinien war schnell eine Lösung gefunden: Alle steigen aus, gehen durch das Drehkreuz und steigen dann wieder in den Bus ein.

Rein vom Ablauf hätte man das gleiche Prozedere auch für den Shuttleverkehr machen können, aber die Standzeiten der Busse hätten die Tore blockiert und seitens des Unternehmens wurde befürchtet, dass die Attraktivität des Busses nachlassen und die Fahrgastzahlen dadurch zurückgehen würden. Die technische Lösung ist der mobile Offline-Leser. Zum einen werden damit alle Fahrgäste elektronisch erfasst, zum anderen wird sichergestellt, dass die Kontrolle bei Betreten der Busse vor Einfahrt aufs Werksgelände durchführt wird. Der Rückstau an den Toren wird somit verringert.

Perimeterschutz Emden

Die Fläche des VW-AG Werks Emden ist nur halb so groß wie die in Wolfsburg. Die Sicherheitsanalyse der Werk- und Konzernsicherheit dort hat ergeben, dass die Perimetersicherung nicht vollumfänglich nach den Volkswagenstandards und den gesetzlichen Auflagen (AEO-Zertifikat) umgesetzt ist. Der Schutz vor widerrechtlichem Betreten, Diebstahlshandlungen und Vandalismus war nicht gewährleistet, besonders kritisch waren hier die Übergänge zum Hafengelände. Neuwagen auf 30.000 Stellplätzen werden über Schiffe verladen. Ziel der Schutzmaßnahmen ist eine ausreichende Perimetersicherung und eine Radar-/Videoüberwachung der Fahrzeugabstellflächen. „Für die Stellflächen der Neuwagen in Wolfsburg wurden mit der Installation von 360°-Kameras Diebstähle und Vandalismus an den Autos merklich reduziert“, so Fietze.

Teilumfänge der umgesetzten Sicherungsmaßnahmen sind: eine Erneuerung der Zaunanlagen und  Gleistore; eine Zutrittsüberwachung aller Gleistore; eine Zutrittskontrolle  durch Drehkreuze; eine Videoüberwachung der Bahnanlagen sowie eine Zutrittsüberwachung der Hafentore mittels Fahrzeugscanner, aktiver Transponder und Videotechnik.

Fietze erläutert: „Für eine Lösung an den Hafentoren mussten wir das Thema der automatisierten Ein- und Ausfahrt neu denken. Prozessuale Herausforderungen in diesem Bereich lassen einen Stop der Fahrzeuge oder individuelle Kontrolle nicht zu. So stellten wir uns die Frage, welche Informationen wir benötigen, um eine verlässliche Aussage zur berechtigten Durchfahrt zu erhalten? Für uns war wichtig, dass die richtige Person mit dem richtigen Fahrzeug in die richtige Richtung fährt.“ Mit der Kombination der genannten Technologien wurden alle Anforderungen erfüllt. Die eingesetzten Antennen signalisieren, ob sich ein aktiver Transponder mit Richtungserkennung (Ein- bzw. Ausfahrt) in den Überwachungsfeldern befindet. Im gleichen Moment ermittelt der Sick Scanner, ob es sich um ein für die Durchfahrt zugelassenes Fahrzeug handelt. Stimmen beide Parameter (bidirektionaler Datenaustausch bei Teratron und Sick) überein, ist dies ein „zugelassener und dokumentierter Zutritt“.

Die Messe PerimeterProtection

Vom 14. bis 16. Januar 2020 öffnet im Messezentrum

Nürnberg die Perimeter Protection, Internationale Fachmesse für Perimeter-Schutz, Zauntechnik und Gebäudesicherheit. Premiere feiert 2020 ein in das Messegeschehen integriertes, kostenfreies Fachforum, das Expertenwissen zu sicherheitsrelevanten Themen liefert. Zudem wird der Bereich Drohnendetektion und -abwehr das aktuelle Fokus-thema. Mit der Akademie für Sicherheit und ihrer Veranstaltung der Nürnberger Sicherheitskonferenz am 15. Januar konnte ein weiterer Kooperationspartner gewonnen werden. Alexander Stein, Abteilungsleiter Perimeter Protection, berichtete: „Die Fläche der Vorveranstaltung haben wir längst überschritten, die Besucher dürfen sich auf über 40 neue Aussteller freuen und die Internationalität der bis jetzt angemeldeten Firmen liegt bei über 40 Prozent.“ In den vergangenen zehn Jahren ist die Veranstaltung um ca. 90 auf über 150 Aussteller aus über 50 Ländern gewachsen.

www.perimeter-protection.de

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