Tiefkälte in der Pharmaindustrie

Temperierung einer Gefriertrocknungsanlage auf -80 °C

Die Firma Lauda hat ein Tiefkältesystem für den Einsatz in einer pharmazeutischen Gefriertrocknungsanlage fertiggestellt. Damit lassen sich Arzneistoffe bei -80 °C schonend einfrieren. Der Auftrag dazu kommt von der Martin Christ Gefriertrocknungsanlagen GmbH, einem führenden Unternehmen für Gefriertrockner mit mehr als 70 Jahren Erfahrung in diesem Bereich. Für die notwendige Kälte sorgt eine „Kryopac“-Sekundärkreisanlage von Lauda Heiz- und Kühlsysteme, dem Anlagenbau des Temperierspezialisten, der exakt nach Kundenwunsch plant und fertigt.

Medikamente und Impfstoffe sind für die Behandlung von Krankheiten und die Gesundheit der Menschen weltweit essenziell. Da viele Arzneimittel in Wasser gelöst nur kurz haltbar wären, setzt die Pharmaindustrie zur längeren Konservierung auf produktschonendes Gefriertrocknen. Für die Fertigung einer Gefriertrocknungsanlage für ein internationales Pharmaunternehmen wählte Martin Christ die Firma Lauda (www.lauda.de); beide Unternehmen verbindet eine seit vielen Jahren erfolgreiche Zusammenarbeit. „Wir sind Spezialisten für besonders tiefe Temperaturen und haben auf diesem Gebiet über viele Jahre wertvolle Erfahrungen sammeln können“, betont Ralph Herbert, Projektleiter Heiz- und Kühlsysteme.

Flüssigstickstoff ermöglicht Temperaturen bis -115 °C

Die exakte Temperierung für den Gefriertrockner liefert eine „Kryopac“-Sekundärkreisanlage von Lauda, mit der sich Tieftemperaturreaktionen sicher beherrschen lassen. Besonders wichtig für diese Kälteanlage ist dabei die Möglichkeit zur individuellen Temperierung der Stellplatten und des Eiskondensators. Das Herzstück aber ist das „Kryopac“-System – ein Wärmetauscher, der speziell zum Verdampfen von flüssigem Stickstoff entwickelt wurde. Flüssigstickstoff siedet bei -196 °C und ist damit als Kältemittel besonders geeignet für Anwendungen, die tiefste Temperaturen erfordern. Abhängig vom Aufbau der „Kryopac“-Anlage sind Temperaturen von bis zu -115 °C im sekundären Kälteölkreislauf möglich. Die für den Gefriertrockner gewünschten -80 °C werden so schnell und gradgenau erreicht. Bei flüssigem Stickstoff handelt es sich außerdem um ein nicht brennbares Kältemittel, was nicht nur der Endkunde, sondern die Pharmaindustrie im Allgemeinen bevorzugt. Weitere Vorteile umfassen wirtschaftliche, sowie sicherheits- und umwelttechnische Aspekte, wie geringe Investitionskosten und fehlende Abfallprodukte. Je nach Spezifikation der Anwendung kann der Stickstoffbedarf durch die Anpassung der von Lauda konzipierten Regelung reduziert und so die Betriebskosten deutlich gesenkt werden.

Die Wärmetechnik der Anlage stammt aus den Lauda-Wärmeübertragungsanlagen, die bei vielen Kunden zum Einsatz kommen. Sie erzeugen eine temperierte Flüssigkeitsströmung und werden als kompaktes, vollständig isoliertes, anschlussfertiges System mit Schaltschrank ausgeliefert. Der Vorteil: Einfrierprobleme in den Wärmetauschern gibt es hier nicht. Gradgenaue Temperierung, kompakter Aufbau und hohe Anlagenverfügbarkeit waren für den Kunden von Martin Christ besonders wichtig. Auch diese Anforderungen erfüllt die „Kryopac“-Sekundärkreisanlage.

Gefriertrocknung nutzt

physikalisches Phänomen

Das Gefriertrocknen ist ein besonders schonendes Konservierungsverfahren, da die chemischen Eigenschaften der Ausgangssubstanzen nicht verändert werden. In pharmazeutischen Produkten bleiben so alle Wirkstoffe erhalten. Anwendung findet diese Art der Konservierung unter anderem auch bei der Probenvorbereitung in Laboren, in der Lebensmittelindustrie oder Archäologie, etwa um feuchtes Leder oder Holz zu erhalten.

Das Kältesystem der „Kryopac“Anlage kühlt die Stellplatten, auf welchen mit Arzneistoffen gefüllte Gefäße stehen, mit einer Kälteleistung von 30 kW bei -80 °C und friert so die Pharmazeutika in zweieinhalb Stunden. Während des Evakuierens, dem Luftentzug durch Herstellen eines Vakuums, wird wieder Wärme zugeführt. Dabei kommt es zu einem physikalischen Phänomen, Sublimation genannt: Ohne sich vorher zu verflüssigen, verdampft das gefrorene Wasser. Das Arzneimittel wird direkt aus dem gefrorenen Zustand getrocknet. Der entstandene Wasserdampf schlägt sich in Form von Eiskristallen am Eiskondensator des Gefriertrockners nieder. Der Eiskondensator wird durch die „Kryopac“-Anlage auf einer Temperatur von -80 °C gehalten. Ein gesamter Gefriertrocknungsvorgang dauert typischerweise 48 Stunden.

Vor der Auslieferung des Gefriertrockners an den Endkunden wurde die Anlage zunächst bei Lauda komplett geprüft und dann bei Martin Christ als gesamtes System einer weiteren, gründlichen Prüfung unterzogen. Die Zusammenarbeit ist damit aber nicht beendet. Aufgrund der erfolgreichen Kooperation und Umsetzung dieses Projekts hat Martin Christ bereits zwei weitere „Kryopac“-Sekundärkreisanlagen geordert.

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