Kuka Autowerk
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Vergangene Woche stimmte das britische Parlament über den neu verhandelten Brexit-Vertrag ab. Wieder wurde der Vorschlag der britischen Premierministerin Therese May mit einer deutlicher Mehrheit abgelehnt. Nun droht womöglich ein harter Brexit, der gravierende Folgen für die britische Autoindustrie haben könnte, wie eine Studie zeigt, die der „Wirtschaftswoche“ exklusiv vorliegt.

Harter Brexit droht 

Nachdem auch der zweite Versuch Mays scheiterte, stimmte das britische Parlament am Tag darauf über einen Ausstieg ohne Vertrag, also einen harten Brexit, ab. Aber auch dieser Vorschlag fand keine Mehrheit. Ringt sich das Parlament nicht zu einer Lösung durch, droht dennoch schon in wenigen Tagen ein harter Brexit.

Am Dienstag wird May einen weiteren Versuch unternehmen, ihren Vertrag in einer dritten Abstimmung durch das britische Unterhaus zu bringen. Das offizielle Austrittsdatum ist immer noch auf den 29. März datiert.

Irreparable Schäden für die britische Autoindustrie

Eine Studie der auf die Automobilbranche spezialisierten Unternehmensberatung „Berylls“ warnt nun laut „Wirtschaftswoche“, dass ein harter Brexit irreparable Schäden für die britische Autoindustrie nach sich ziehen könnte.

„Die britische Automobilindustrie ist besonders eng mit Europa verwoben. Ihr drohen nicht nur die auch in anderen Branchen zu erwartenden unvermeidenlichen Reibungsverluste, etwa durch neu eingeführte Grenzkontrollen“, heißt es demnach in der Studie. Die britische Autoproduktion sei extrem exportorientiert. 54 Prozent aller Autos, die Großbritanien baut, werden in die EU exportiert. Darüber hinaus würden 26 Prozent der Autos in Nicht-EU-Länder geliefert, die teilweise durch Handelsabkommen mit der EU verbunden sind.

Großbritannien ist von Zulieferern aus der EU abhängig

In Großbritannien selbst werden mehr Import-Fahrzeuge gekauft als inländische. 80 Prozent aller Neuzulassungen stammen aus der EU. Im Falle eines harten Brexits drohen „nachhaltige Auswirkungen durch eine mögliche Abwertung des britischen Pfunds und durch Zölle, die die Wertschöpfungsketten der Autoindustrie besonders belasten“, so die Studie.

Im Bauprozess eines Autos in der EU werden oftmals Fahrzeugkomponenten in mehreren Ländern produziert und zwischen diesen immer wieder hin und her geschoben, sodass eine Komponente im Bauprozess durchaus mehrmals in das gleiche Land wandert.

Nach Berechnungen des britischen Automobilverbandes SMMT liefern täglich mehr als 1.100 Lastwagen Bauteile für Autos auf die Insel.

Lieferkette ist die Achillesferse Großbritanniens

Großbritannien ist stark in dieses Netzwerk von Zulieferern integriert. Hinter allen Fahrzeugwerken in Großbritannien „stehen sehr komplexe, extrem eng verzahnte Lieferketten“, sagt Arthur Kipferler, Partner bei Berylls, gegenüber der „Wirtschaftswoche“.

Mehr als 60 Prozent der Fahrzeugkomponenten im Wert von 9,2 Milliarden Euro der knapp 2.500 britischen Zulieferer gehen jährlich in die EU. 79 Prozent aller importierten Komponenten im Wert von 16 Milliarden Euro jährlich kommen im Gegenzug aus EU-Ländern.

Schätzungen der Wirtschaftsprüfer von „PricewaterhouseCoopers“ von November 2016 gehen im Worst-Case-Szenario von einem Einbruch des Automobilsektors von bis zu 60 Prozent bis 2022 aus. Dieses Netzwerk macht den britischen Automobilsektor zur Achillesferse Großbritanniens im Brexit.