Easyjet hat angekündigt, nach dem Brexit britischen Anteilseignern notfalls das Stimmrecht zu entziehen. Laut Selbstauskunft ist Easyjet dabei in einer weniger schwierigen Position als die große Konkurrentin Ryanair, da sie sich bereits zu 49,9 Prozent im Besitz von EU-ansässigen Eigentümern befinde, schreibt Reuters.
Trotzdem bleibt Easyjet in Sachen "EU-Ownership and Control" aktuell noch unter der geforderten 50+1-Schwelle, weshalb es den Angaben nach bereits seit 2018 einen Plan zur Aussetzung der Stimmrechte für eine kleine Anzahl von Aktien auf einer "last in first out"-Basis gebe. Dieser soll jedoch nur dann umgesetzt werden, sofern sich die Eigentümerstruktur nicht rechtzeitig vor Ablauf der Übergangsfrist "organisch" reguliere, sagte eine Sprecherin auf Anfrage von airliners.de.
Die Fluggesellschaft erwarte allerdings, fristgerecht ein "zulässiges Maximum" an Nicht-EU-Besitz zu erreichen und werde festlegen die Stimmrechte der Aktionäre auszusetzen, sollte der EU-Besitz unter 50,5 Prozent fallen. Wie andere Fluggesellschaften auch hat auch Easyjet in seiner Satzung einen Passus, der es erlaubt, die Stimmrechte von Aktionären einzuschränken.
„Um weiterhin im Besitz und unter Kontrolle von qualifizierten EWR-Bürgern zu bleiben, stehen easyJet eine Reihe von Optionen zur Verfügung. Dazu zählt die Anwendung der in der easyJet-Satzung enthaltenen Bestimmungen, Anteilseignern ihr Teilnahme- und Stimmrecht bei Aktionärsversammlungen zu entziehen und/oder den Verkauf von Aktien, die sich im Besitz von nicht-qualifizierten Anlegern befinden, anzuordnen sowie weitere mögliche Maßnahmen," so die Airline in einem aktuellen Statement.
Ownership and Control ist Problem für viele Airlines
Mit dem britischen EU-Austritt verlieren Fluggesellschaften, deren Anteile nicht zu mindestens 50 Prozent +1 von in der EU ansässigen Eigentümern kontrolliert werden, ihr Recht, kommerzielle Flüge innerhalb der EU durchzuführen. Zu den potenziell Betroffenen gehören neben den Tui- und Thomas-Cook-Airlines sowie dem IAG-Konzern auch die irische Ryanair und Easyjet.
Die Aktien der beiden Low-Cost-Riesen werden vor allem an der Londoner Börse gehandelt. Beide müssen der EU bis spätestens sieben Monate nach dem Brexit - also nach gegenwärtigem Stand bis kurz vor Weihnachten - eine Lösung für die gesetzlichen Eigentumsvorgaben präsentieren, um die EU-Lizenz zu erhalten.
Ryanair hält es dabei für ausreichend, Nicht-EU-Aktionären Stimmrechte zu entziehen und so dafür zu sorgen, dass mindestens 50 Prozent der stimmberechtigten Anteile EU-Eigentümer haben. Ob das reicht um die EU-Vorgaben zu erfüllen ist umstritten. Trotzdem scheint sich Easyjet nun für eine ähnliche Maßnahme entschieden zu haben.
Lesen Sie auch: Ryanair will britischen Aktionären Stimmrecht entziehen
Die Ankündigung von Easyjet überrascht insofern, als dass die Fluggesellschaft in den vergangenen anderthalb Jahren damit beschäftigt war, nahezu die Hälfte ihrer mehr als 300 Flugzeuge samt Crews in die österreichische Tochter Easyjet Europe mit Sitz in Wien auszulagern.
Den Angaben nach reicht das aber nicht, um den EU-Regularien für eine EU-Airline auch nach dem Brexit zu entsprechen. Denn entscheidend für den Status als EU-Airline sei auch bei Easyjet Europe die Eigentümerstruktur, erläuterte die Sprecherin.
Easyjet Europe hat eine EU-Fluglizenz, die derzeit 138 Flugzeuge des Ablegers sind in Österreich registriert und auch die Crews fliegen unter österreichischem Recht. Dazu hat die Airline bereits die Lizenzen von rund 1000 Piloten sowie über 3300 Flugbegleitern umschreiben lassen.
Lesen Sie auch: Brexit: Iberia pocht auf EU-Status
Trotz der siebenmonatigen Karenzzeit für die Fluggesellschaften kritisierte die oberste Verkehrsberaterin der EU, Violeta Bulc, diese in einem Interview mit der Financial Times, da die Pläne für die Einhaltung der Regeln nur schleppend vorgelegt würden.