Ausgabe Nr. 24 / 2022 
Bericht aus Brüssel
Die Woche in Brüssel: Start der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft +++EU-NZ-Handelsabkommen +++ Fit-for-55-Paket geht in den Trilog
Liebe Leserinnen und Leser,
 
Unter dem Motto "Europa als Aufgabe" hat Tschechien am 1. Juli 2022 die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union von Frankreich übernommen. Die Prioritäten bis Jahresende liegen auf der Bewältigung der Folgen von Russlands Angriff auf die Ukraine, der Energiekrise und Versorgungssicherheit sowie der Stärkung der strategischen Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft.
 
Neuseeland und die EU haben ihre Verhandlungen über ein gemeinsames Handelsabkommen abgeschlossen. Die EU ist der drittgrößte Handelspartner Neuseelands. Der bilaterale Warenhandel zwischen der EU und Neuseeland ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Das Handelsabkommen ist ein Signal gegen den weltweit zunehmenden Protektionismus und eröffnet Unternehmen und Verbrauchern auf beiden Seiten bedeutende wirtschaftliche Chancen, zum Beispiel bei dem Abbau von Zöllen, der öffentlichen Beschaffung, beim Schutz geistigen Eigentums sowie bei nichttarifären Handelshemmnissen. Das erhöht die Rechtssicherheit für europäische sowie neuseeländische Unternehmen auf beiden Seiten.
 
Jetzt verhandeln Rat und Parlament über das Fit-for-55-Paket: Der Trilog beginnt nach der Einigung der EU-Umweltministerinnen und -minister letzte Woche. Sie fanden Kompromisse bei folgenden Dossiers: der Reform des Emissionshandelssystems (EHS), dem EU-Carbon-Border-Adjustment-Mechanism (CBAM) und den CO2-Grenzwerten für PKW und Nutzfahrzeuge sowie dem Auslaufen der freien CO2-Zertifikate im Rahmen von CBAM. Zur genaueren Ausgestaltung der Beschlüsse und deren Bedeutung für die deutsche Wirtschaft erfahren Sie mehr in den Beiträgen von Josephine Möslein und Moritz Hundhausen.
 
Was wird diese Woche für die deutsche Wirtschaft besonders interessant? Auf der vorläufigen Agenda der EU-Kommission steht die Entscheidung über eine neue Europäische Investitionsagenda. Ziel der Agenda ist es, die Innovationsökosysteme besser miteinander zu verknüpfen und das Innovationsgefälle zwischen den Regionen und den 27 EU-Mitgliedstaaten zu überbrücken. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments stimmen über das Gesetz über digitale Dienste (DSA) und das Gesetz über digitale Märkte (DMA) ab.
 
Der DMA soll sicherstellen, dass es auf digitalen Plattformen fair zugeht. Gemeinsam mit dem DSA ist das Gesetz über digitale Märkte ein Kernelement der EU-Digitalisierungsstrategie.
 
 
Ihre Freya Lemcke
 
Leiterin des DIHK Brüssel
Inhalt
10 Jahre EU-Zentralamerika-Abkommen
Einigung auf Instrument gegen wettbewerbsverfälschende Subventionen aus Drittstaaten
Normen für neue PKW und leichte Nutzfahrzeuge: Mitgliedstaaten positionieren sich
"Deforestation Law": Umweltrat positioniert sich
EU-Energierat einigt sich auf Positionen zu Erneuerbaren und Energieeffizienz
EU-Umweltrat positioniert sich zu Fit-for-55-Dossiers
Individuelle Lernkonten
Einigung über künftige Nachhaltigkeitsberichterstattung
Auszahlungen aus dem Next Generation EU-Fonds
Neuer Leitfaden für die Umsetzung der EU-Produktvorschriften
Einfachere Lieferung von Hilfsgütern in die Ukraine
KAS-DIHK Forum Mittelstand 2022: „Handelsbeziehungen EU-Schweiz am Wendepunkt – aktuelle wirtschaftspolitische Herausforderungen“
Agenda zu den Sitzungen der EU-Institutionen
Zahl der Woche
International
10 Jahre EU-Zentralamerika-Abkommen

©Bespalyi / iStock / Getty Images Plus

Vorteile für Unternehmen 
 
Am 23. Juni feierten die EU und ihre zentralamerikanischen Partner den 10. Jahrestag der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Zentralamerika. Auf der jährlichen Sitzung des Assoziationsausschusses einigten sich die EU, Costa Rica, El Salvador, Honduras, Guatemala, Nicaragua und Panama darauf, das Abkommen weiter zu vertiefen und elf neue geografische Angaben aus Zentralamerika direkt im Rahmen des Abkommens zu schützen.
 
 
  
Einigung auf Instrument gegen wettbewerbsverfälschende Subventionen aus Drittstaaten

©xPACIFICA / Stone / Getty Images

Faire Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen 
 
Ende Juni haben sich das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten auf eine neue Verordnung über drittstaatliche Subventionen geeinigt. Die Verordnung soll der EU neue Mittel an die Hand geben, um gegen Verzerrungen des Binnenmarkts durch drittstaatliche Subventionen vorzugehen und faire Wettbewerbsbedingungen für alle im EU-Binnenmarkt tätigen Unternehmen zu gewährleisten.
 
 
  
Energie und Umwelt
Normen für neue PKW und leichte Nutzfahrzeuge: Mitgliedstaaten positionieren sich

©Hans-Peter Merten / The Image Bank / Getty Images

Herstellende Unternehmen von Zulassungsende des Verbrennungsmotors betroffen 
 
Am 29. Juni 2022 hat der Umweltrat seine Position zur geplanten Novellierung der europäischen CO2-Emissionsnormen für neue PKW und leichte Nutzfahrzeuge verabschiedet.
 
 
  
"Deforestation Law": Umweltrat positioniert sich

©Joel W. Rogers / Corbis Documentary / Getty Images

Auf Unternehmen kommen voraussichtlich neue Sorgfaltspflichten zu 
 
Der Umweltrat hat am 28. Juni seine Verhandlungsposition zum EU-Kommissionsvorschlag eines Rechtsrahmens zum Schutz vor globaler Entwaldung durch die Vermarktung bestimmter Produkte in der EU verabschiedet. Inhaltlich geht die Position des Rats zum Teil über den Vorschlag der EU-Kommission aus dem November des vergangenen Jahres hinaus.
 
 
  
EU-Energierat einigt sich auf Positionen zu Erneuerbaren und Energieeffizienz

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Der energierechtliche Rahmen der EU für Unternehmen wird konkreter 
 
Der Energierat der EU hat eine allgemeine Ausrichtung zu der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) und der Energieeffizienz-Richtlinie (EED) im Rahmen des Fit-for-55 Pakets vorgelegt. Damit ist der Weg zu Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament frei. Einige davon sollen bereits in den nächsten Wochen starten. Außerdem wurde die Verordnung zur Gasspeicherung final angenommen.
 
 
  
EU-Umweltrat positioniert sich zu Fit-for-55-Dossiers

©Marc_Osborne / iStock / Getty Images Plus

Vorschläge würden sich massiv auf Unternehmen auswirken 
 
Der EU-Umweltrat hat Ende Juni eine allgemeine Ausrichtung über eine Reihe von Dossiers im Rahmen des Fit-for-55-Pakets abgegeben. Damit ist der Weg zu Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament geebnet. Einige davon sollen bereits in den nächsten Wochen starten.
 
 
  
Bildung
Individuelle Lernkonten

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EU-Empfehlung ermöglicht nationale Flexibilität 
 
Die EU-Arbeits- und Sozialminister haben Mitte Juni eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten zur Einführung von individuellen Lernkonten (ILAs) verabschiedet. Über individuelle Lernkonten sollen Menschen im erwerbsfähigen Alter Mittel für Aus- und Weiterbildung zur Verfügung gestellt werden, damit sie während ihres gesamten Lebens ihre Kompetenzen und ihre Beschäftigungsfähigkeit verbessern können, unabhängig davon, ob sie sich gerade in einem Beschäftigungsverhältnis befinden oder nicht.
 
 
  
Recht und Steuern
Einigung über künftige Nachhaltigkeitsberichterstattung

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Mehr Berichtspflichten für Unternehmen 
 
Alle großen Unternehmen gemäß der Rechnungslegungsrichtlinie und gelistete KMU, ausgenommen Kleinstunternehmen, sind künftig verpflichtet, einen ausführlichen Nachhaltigkeitsbericht unter Berücksichtigung der noch zu entwickelnden Standards zu erstellen.
 
 
  
Auszahlungen aus dem Next Generation EU-Fonds

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Verteilungsschlüssel für 2023 bedeutet mehr Geld für Deutschland 
 
Deutschland erhält mehr Geld aus dem Corona-Wiederaufbaufonds Next Generation EU als angenommen. Statt 25,6 Milliarden Euro kann Deutschland bis zu 28 Milliarden Euro beantragen. Das ergibt sich aus einem aktualisierten Verteilungsschlüssel, den die Europäische Kommission am 30. Juni vorgelegt hat.
 
 
  
Kurz notiert
Neuer Leitfaden für die Umsetzung der EU-Produktvorschriften
Ende Juni hat die EU eine neue Fassung des bekannten Leitfadens zur Umsetzung von Product Compliance-Vorschriften im harmonisierten Bereich (CE) veröffentlicht. Im so genannten „Blue Guide“ wird erläutert, wie die nach dem New Legislative Framework (NLF) verfassten Rechtsvorschriften umzusetzen sind. Die aktuelle Version berücksichtigt u. a. die jüngsten Änderungen in der Gesetzgebung und die Verabschiedung der neuen Marktüberwachungs-Verordnung aus 2021.
Einfachere Lieferung von Hilfsgütern in die Ukraine
Die Europäische Kommission vereinfacht die Lieferung von Hilfsgütern in die Ukraine. Lebensmittel und Ausrüstungsgegenstände wie Decken, Zelte und Stromgeneratoren können nun von Zöllen und der Mehrwertsteuer befreit werden. Diese Ausnahmeregelung gilt rückwirkend ab dem 24. Februar 2022 und bis zum 31. Dezember 2022. Basierend auf dem Zollrecht der EU gilt sie für Waren von staatlichen Organisationen und anerkannten Organisationen der Wohlfahrtspflege.
KAS-DIHK Forum Mittelstand 2022: „Handelsbeziehungen EU-Schweiz am Wendepunkt – aktuelle wirtschaftspolitische Herausforderungen“
Die Schweiz ist der viertgrößte Handelspartner der EU, Deutschland steht für die Schweiz mit einem gemeinsamen Handelsvolumen von über 101 Milliarden Euro sogar an erster Stelle. Das Land ist eng mit der EU verbunden und nimmt am Schengen-Raum, dem Dublin-Übereinkommen sowie Forschungs- und Mobilitätsprogrammen teil. Mitglied des Binnenmarktes ist die Schweiz nicht, sie genießt jedoch privilegierten Zugang. Seit das Land 1992 den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum ablehnte, entstanden über 100 bilaterale Verträge mit der EU. Die EU und die Schweiz verhandelten seit 2013 über ein Rahmenabkommen zur Klärung institutioneller Fragen. Nach acht Jahren Verhandlungen beendete die Schweiz jedoch im Mai 2021 die Gespräche. Da die Aktualisierung verschiedener Abkommen infolgedessen politisch blockiert ist, traten wirtschaftliche Störungen im bilateralen Handel zwischen der EU und der Schweiz auf. Es herrscht zunehmend Rechtsunsicherheit in den EU-Schweiz Beziehungen. Welchen konkreten Herausforderungen sind europäische Unternehmen im Handel mit der Schweiz aktuell ausgesetzt? Welche Weichen sollte die Politik für eine langfristige erfolgreiche Handelskooperation nun stellen?
 
Diesen und weiteren Fragen möchten der DIHK und die Konrad-Adenauer-Stiftung gemeinsam am Dienstag, den 12. Juli 2022 in einer Expertendiskussion nachgehen. Die Veranstaltung findet ausschließlich in Präsenz statt. Anmeldungen sind bis zum 7. Juli möglich.
 
 
Zu guter Letzt
Agenda zu den Sitzungen der EU-Institutionen
Die wichtigsten Sitzungen der Europäischen Institutionen finden Sie hier.
 
 
Zahl der Woche
12... 
 
...Projekte aus Deutschland werden mit knapp 400 Millionen Euro aus dem EU-Verkehrsförderprogramm "Connecting Europe Fazilität“ unterstützt. Vergleichsweise große Summen gehen an zwei deutsche Projekte: 132 Millionen Euro für den Bau der Flughafenanbindung der Eisenbahnstrecke Stuttgart – Wendlingen. 106 Millionen Euro sind vorgesehen für den Ausbau der Schienenabschnitte Voerde und Dinslaken innerhalb des Projekts Emmerich – Oberhausen. Insgesamt erhalten 135 europäische Verkehrsinfrastrukturprojekte 5,4 Milliarden Euro. Ziel ist laut EU-Kommission ein nachhaltiges, sicheres und effizientes transeuropäisches Verkehrsnetz, das auch den jeweiligen Wirtschaftsstandort unterstützt.
 
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