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2021 wird richtungsweisend

Reinhard Grandke zum neuen Jahr

Die aktuellen Schlagzeilen berichten von Demonstranten im Weißen Haus sowie der Verschärfung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie.

ASP ist noch nicht eingedämmt und die Geflügelgrippe grassiert in immer mehr Betrieben. Landwirte blockieren mit Traktoren die Auslieferungslager der Top 4 des Lebensmitteleinzelhandels.

Bei Corona besteht die Hoffnung, dass nach anfänglichen Anlaufproblemen bei der Impfung bis Ende des zweiten Quartals alle Menschen, die sich impfen lassen wollen, ein Impfangebot bekommen und damit wieder mehr Normalität, wenn auch eine veränderte, einkehrt.

In den USA wird  am 20. Januar ein neuer Präsident vereidigt und die Hoffnung auf mehr Ruhe, Verlässlichkeit und das wieder steigende Engagement für die globalen Probleme wächst von Tag zu Tag.

Was kann man für die Landwirtschaft erwarten?

Für die Landwirtschaft und die Wertschöpfungskette Lebensmittel ist Ruhe nicht in Sicht, weder auf den Märkten noch bei der Definition von zukünftigen Rahmenbedingungen und Zielbildern. Ein heißes Wahljahr 2021 mit zwei Kommunal-, sechs Landtags- und einer Bundestagswahl wird die Diskussion über die Zukunft der Landwirtschaft weiter in den Fokus rücken.

Die Proteste der Landwirte werden weitergehen. Landwirte werden ihre Anliegen mit Traktorfahrten und Blockaden untermauern. NGO´s und andere Gruppen werden in Berlin (schon Anfang Januar, wenn es Corona erlaubt), für ihre Anliegen demonstrieren.

Kommissionen werden tagen:

Eine Vielzahl von Kommissionen wurden auf unterschiedlichen Ebenen ins Leben gerufen, werden tagen und versuchen mit Landwirtschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft eine Zukunftsvision für die Landwirtschaft am Standort Deutschland zu erarbeiten, um trotz zusätzlicher gesellschaftlich gewünschter Leistungen die Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Dabei wird es darauf ankommen, nicht nur ein immer engeres Korsett aus staatlichen Regulierungen und immer neuen Finanzhilfen zu schaffen, sondern den Betrieben Rahmenbedingungen zu geben, mit denen sie zukunftsorientiert wirtschaften und arbeiten können.

Bevor aber weitere Kommissionen gebildet werden, sollten die vorhandenen Ansätze und Konzepte umgesetzt werden. Die Ergebnisse der Borchert-Kommission sind akzeptiert und es gilt, an einem sinnvollen Maßnahmen- und Umsetzungspaket zu arbeiten, das nicht auf die Interessen von Lobbygruppen, sondern auf die Zukunftsfähigkeit der Betriebe gerichtet ist.

Die Zukunftskommission Landwirtschaft hat die Aufgabe, ein gesellschaftlich akzeptiertes Szenario für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft am Standort Deutschland zu erarbeiten. Es gilt, diese Initiative zu unterstützen, besteht doch die Chance einen akzeptierten Rahmen zu beschreiben, der für viele Landwirte, Wirtschaft, Interessengruppen, aber auch politische Mehrheitskonstellationen nach der Wahl einen akzeptierten Handlungsrahmen bildet.

Ehrlichkeit und Realismus sind gefragt:

Die Schwankungen der Märkte werden, auch ohne Auswirkungen von Pandemien und Naturereignissen, bestehen bleiben. Brexit sowie auch andernorts verstärkte nationale Interessen werden die weltweiten Preise beeinflussen. Viele Länder haben große Investitionen in ihre Landwirtschaft getätigt (z.B. Russland oder China), die dauerhaft Auswirkungen auf das Angebot und die Nachfrage auf den Weltmärkten haben werden. Die Umsetzung von neuen produktionstechnischen Erkenntnissen erfolgt an vielen Standorten mit großer Geschwindigkeit und für Deutschland wird es nicht mehr ausreichen, nur „Gunststandort“ zu sein.

Bei allen Diskussionen um das Zukunftsbild der Landwirtschaft stehen einige Entwicklungen jetzt schon fest. Der Strukturwandel wird weitergehen und sicherlich durch extreme Preisschwankungen, ASP, Diskussionen mit der Gesellschaft, aber auch neuen gesetzlichen Anforderungen noch beschleunigt. Wer bekennt sich ehrlich und realistisch zum Wandel und sorgt auch für gute Ausstiegsstrategien und -möglichkeiten?

Bürokratie wird weiter wachsen:

Auch werden die Anforderungen der Bürokratie mit zunehmenden Druck der Gesellschaft, der Politik und der LEH´s weiter zunehmen. Das Lieferkettengesetz, unabhängig davon wie es umgesetzt wird, wird diesen Trend nochmals beschleunigen. Diese zusätzlichen Anforderungen sind neben ökonomischen und ökologischen Herausforderungen einer der Hauptgründe, warum gerade kleinere Betriebe aufhören. Sie sind aber auch Grund dafür, dass sich für viele Betriebe zwangsläufig die Frage nach der Integration in eine Wertschöpfungskette stellt.

Innovationen sind notwendig

Die Veränderung der Zielbilder benötigen Innovationen, insbesondere unter sich gleichzeitig verschärfenden Wettbewerbsbedingungen. Wo sind die Lösungen, die Betriebe unter den sich zuspitzenden  Bedingungen wirtschaftlich erfolgreich umsetzen können? Wo sind die Lösungen der Agrarwissenschaftler für die Zukunftsfragen in Düngung, Pflanzenschutz, Tierwohl, Nachhaltigkeit, um nur einige zu nennen?

Dabei ist der Fokus auf die praktischen Innovationen für den Betrieb zu lenken. Wie kann man den Ertrag im konventionellen und ökologischen Landbau nachhaltig steigern? Wie kann man z.B. im Pflanzenschutz neue Ansatzpunkte finden, durch Fruchtfolgen, exaktere Ausbringung, schnellere Produktentwicklung, neue Technologien?

Positives Image ist gefragt:

Traktoren und Landwirte auf der Straße haben eine  Sympathiewelle und  Verständnis für die Situation der einzelnen Landwirte ausgelöst. Auch haben diese Aktionen bei vielen Landwirten ein positives Gefühl von Kampagnenfähigkeit entstehen lassen. Die Nutzung von digitalen Instrumenten, die Bildung von Whatsapp-Gruppen, die schnelle und unkonventionelle Aktionsfähigkeit haben bei vielen den Eindruck erzeugt, endlich auf Augenhöhe mit den NGO´s zu sein. Um aber erfolgreich zu sein und ein nachhaltiges Image aufzubauen, ist der nächste Schritt mindestens genauso notwendig. Der Schritt von der Straße zur Strategie. Es wird wichtig sein, dass aus den Anliegen der Straße Konzepte und Maßnahmenpakete folgen, die langfristig die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Betriebe sicherstellen.

Nicht zuletzt ist das auch eine Frage der Außenkommunikation. Viele Landwirte sagen, dass es eine Berufung ist, Landwirt zu sein, getragen von Passion für den schönsten Beruf überhaupt. Positives Image ist auch eine landwirtschaftliche Bringschuld!

Bekenntnis zum Unternehmertum ist gefragt:

Bei allen Herausforderungen ist im Wesentlichen der Landwirt selbst gefragt, der als Unternehmer selbstständig entscheiden und Verantwortung für seine Entscheidungen übernehmen muss. Unternehmertum heißt, unter den gegebenen Rahmenbedingungen erfolgreich zu wirtschaften, Entscheidungen zu treffen und mit den Konsequenzen daraus leben. Seine Zukunft mit der Hoffnung auf staatliche Hilfe zu verbinden, ist so wenig zielführend wie politische Konzepte verlässlich sind.  

Organisationen sind gefragt:

Wo ist die Antwort der Organisationen und Institutionen auf die Probleme der Landwirtschaft? Wird es gelingen, für immer weniger Landwirte mit einer Stimme zu sprechen, oder werden sich weiter einzelne Stimmen bilden? Landwirte, die in der Anzahl immer weniger werden, brauchen eine starke Stimme im politischen Konzert, brauchen auch neue Prozesse und Plattformen, um sich untereinander auszutauschen, um Lösungen ringen und die daraus entwickelten Konzepte und Strategien, gemeinsam mit anderen in den Diskussionsprozess zu bringen.

Politik ist gefragt:

Die Politik sollte die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Zukunft der Landwirtschaft setzen. Ein klares Bekenntnis zu einer in diesem Sinn verstandenen Zukunftsstrategie Landwirtschaft für den Standort Deutschland ist vonnöten, um Perspektiven für die Landwirte zu eröffnen. Lange Linien statt populistischem Wahlkampf, unternehmerische Freiheitsgrade statt bürokratischer Feinsteuerung sind gerade im Jahr 2021 gefragt.

Zukunftsstrategien sind gefragt:

Wer, wenn nicht die DLG, ist hierfür der Ort des Diskurses. Die DLG-Wintertagung greift die Herausforderung auf: „Druck von allen Seiten - Marktwirtschaftliche Perspektiven für Green Deal, Tierwohl und gesellschaftliche Akzeptanz“. Digital werden Experten mit Ihnen in den Diskussionsforen Ansätze und Lösungsstrategien erarbeiten und diskutieren. Nutzen Sie die Plattform!