Klageflut Bayerns Sozialgerichte ächzen

Eine Einigungsempfehlung des Gesundheitsministeriums sollte nach einer Gesetzesänderung eine Klagewelle von Krankenkassen gegen Krankenhäuser verhindern. Nach Ansicht des Bayerischen Landessozialgerichtes hat das nicht geklappt.

Die bayerischen Sozialgerichte ächzen unter den vielen eingehenden Abrechnungsstreitigkeiten. – © Jonathan Stutz (stock.adobe.com)

Nach einer Änderung des Krankenversicherungsrechts ächzen Bayerns Sozialgerichte unter einer noch größeren Klageflut als bislang angenommen. «Die bisher bekanntgegebene Schätzung zusätzlicher Verfahren von 14.000 Verfahren liegt nach neuen Erkenntnissen sicher deutlich höher», sagte der Präsident des bayerischen Landessozialgerichtes, Günther Kolbe, in München. Er geht nach Gesprächen mit den Krankenkassen inzwischen von insgesamt deutlich mehr als 22.000 Verfahren aus.

«Ein Großteil davon wird sich nach gegenwärtiger Einschätzung nicht mehr unstreitig erledigen», sagte Kolbe. Die Empfehlung des Bundesgesundheitsministeriums, die für außergerichtliche Einigungen zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sorgen sollte, nannte er «unzureichend». «Die daran geknüpfte Erwartung, die Klageverfahren mögen sich unstreitig beenden lassen, entpuppt sich als grobe Fehleinschätzung.» Die Lage sei noch unübersichtlich, weil viele Abrechnungsstreitigkeiten gebündelt eingereicht würden und diese «Klagepakete» noch aufgeschnürt werden müssten, um die einzelnen Verfahren zu ermitteln.

Die AOK Bayern spricht beispielsweise von 70 Klagepaketen, von denen mehr als 50 außergerichtlich geklärt werden konnten. Noch anhängig sind der Krankenkasse zufolge 17 Klagen. Die konkrete Zahl der Fälle, die diese Klagepakete umfassen, nannte die AOK nicht.

Bitte um mehr Personal

Kolbe hat inzwischen einen Brief an das bayerische Sozialministerium geschrieben und um deutlich mehr Personal gebeten. Um die Zahl 22.000 ins Verhältnis zu stellen: Das Sozialgericht in München behandelt nach Angaben Kolbes pro Jahr bis zu 15.000 Verfahren – über alle Fachbereiche hinweg. Der Bitt-Brief wurde auch beantwortet, wie eine Sprecherin des Sozialministeriums sagte. Die Sorgen würden «sehr ernst genommen». Das Sozialministerium werde die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen. «Sollte es weiterhin zu keiner politischen Lösung zwischen den Krankenkassen und den Krankenhäusern kommen und die Eingangszahlen bei den Gerichten auf einem so hohen Niveau verbleiben, muss bei den kommenden Haushalten geprüft werden, ob zusätzliche Planstellen erforderlich und realisierbar sind.»

Anlass der Klagewelle ist eine Änderung des Sozialrechts aus dem vergangenen Jahr: Bisher hatten Krankenhäuser und Krankenkassen vier Jahre Zeit, um Leistungen beziehungsweise Rückforderungen einzuklagen. Jetzt sind es nur noch zwei.

Das Problem ist auch Thema auf einer Tagung der Präsidenten der Landessozialgerichte der Bundesländer, die an diesem Montag, 20. Mai 2019, in Wörlitz in Sachsen-Anhalt startet. Es gebe dabei große Unterschiede zwischen den Bundesländen, sagte der Präsident des Landessozialgerichtes Sachsen-Anhalt, Michael Fock. Er verlangte, dass die zuständigen Ministerien in den Ländern den Sozialgerichten genug Personal fürs Abarbeiten der Klagen bereitstellen müssten. Die anhand durchschnittlicher Fallzahlen errechneten Personalstärken reichten dafür nichtaus. Die Politik sei hier in der Pflicht.