Normen, Richtlinien und Verordnungen für das Bauwesen Gerhard Riegler teilt gegen "Prinzipienreiter" aus

Der Umgang mit dem Bauproduktenrecht, die Anwendung von Normen und der Inhalt des neuen Bauvertragsrechts – wer bei diesen Themen noch Unsicherheit zeigte, war am Ende des Praxisforums des ö.b.u.v. Sachverständigen Gerhard Riegler auf dem aktuellen Stand. In seinem eigenen Vortrag sparte Riegler nicht mit Kritik an einer interessengesteuerten Regulierungswut.

Ö.b.u.v. Sachverständiger Gerhard Riegler kritisiert die interessengesteuerte Normierungswut. - © Metzger

In welchem Verhältnis stehen Bauordnungsrecht und die Bestimmungen des EU-Binnenmarkts? Wie verpflichtend ist die CE-Kennzeichnung von Bauprodukten und welche Bestimmungen gibt es? Nachdem ö.b.u.v. Sachverständiger Gerhard Riegler vor zwei Jahren eine Fortbildungsveranstaltung zum Thema Bauproduktenrecht mit mehr Fragen als Antworten verlassen hatte, entschied er sich, selbst ein Seminar zu organisieren. Mit zirka 20 Teilnehmern – von Architekten über Sachverständige bis hin zu Bauunternehmen und ausführenden Betrieben – und hochkarätigen Referenten fand dieses vor Kurzem in Langenbruck nahe Ingolstadt statt.

Welchen Status hat eine Norm?

Riegler selbst ging in seinem Abschlussvortrag auf das Verhältnis von Normen und allgemein anerkannten Regeln der Technik ein. Eine Regel der Technik kann nach seinem Verständnis nur dann allgemein anerkannt sein, wenn drei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind: Sie muss sich in der Wissenschaft als theoretisch richtig durchgesetzt haben, sie muss in den betroffenen Fachkreisen bekannt sein und sie muss sich in der Praxis bewährt haben. Die Konsequenz: "Die Neuerscheinung einer Norm kann in der Regel nur schwer die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben. Eine Norm ist eine Empfehlung, welche sich erst als anerkannte Regel der Technik etablieren soll", sagte Riegler.

Was ihn darüber hinaus ärgert: Es werde zunehmend über funktionierende und schadensfreie Baulösungen gestritten, welche, wegen der Abweichung von der DIN-Norm, vermeintlich falsch und schadensträchtig sein könnten. Dabei skizziere eine Norm nur einen möglichen Mindeststandard, mit dem der Werkerfolg erreichbar sei. "Probleme entstehen immer dann, wenn im Streitfall Prinzipenreiter die Praxis kompromisslos an der Theorie messen wollen", sagte Riegler. Innovationen würden dadurch verhindert.

Greift der Staat in die Normung ein?

In seinem Vortrag sparte Riegler nicht mit Kritik an einer interessengesteuerten Regulierungswut. Sei die Grundidee der DIN-Normen noch sinnvoll gewesen, reiche heute ein Blick auf die Internetseite des Normungsinstituts, um festzustellen: Unternehmen haben durch den Sitz in einem DIN-Gremium die Möglichkeit, ihre "technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mitzugestalten". Unterstützung für seine Position hatte Riegler zuvor schon von Christian Hofer, dem stellvertretenden Leiter des für das Bauordnungsrecht zuständigen Referats 24 im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr bekommen ("Normung muss man sich leisten können"). Er stellte in Aussicht, dass in Zukunft der Staat wieder intensiver an der Normung mitwirke. Ebenso soll den am Bau Beteiligten wie Sachverständigen und ausführenden Unternehmen eine gewichtigere Rolle zukommen.

GFF berichtet in der aktuellen Sommerausgabe ausführlich über das Praxisforum von Gerhard Riegler.