Graffiti auf Sandstein entfernen: So geht´s

Graffiti-Sprayer sind bundesweit tätig. In Dresden nehmen sie sich jedoch häufig historische Flächen vor. Deren Baustoff ist verhältnismäßig weich, weshalb ein dort ansässiger Dienstleister die gesprühten Graffitis mit einem chemischen Verfahren entfernt. Wir zeigen, wie.

Graffiti-Entfernung auf Sandstein
Das Team von Graffiti ex aus Dresden hat sich auf die Entfernung von Graffiti spezialisiert. Die Graffiti auf dem Bild sind bereits ausgehärtet. Die aufgetragenen Reinigungsmittel sorgen nun dafür, dass die Pigmente wieder aus dem Baustoff herausdiffundieren. - © Sabine Anton-Katzenbach

Dresden hat eine lange Geschichte, die sich in den Fassaden zahlreicher Prachtbauten, beeindruckender Brücken sowie mannigfaltigen Denkmälern und Statuen widerspiegelt. Für deren Bau wurde vor allem Sächsischer Sandstein verwendet, der in üppigen Mengen vor den eigenen Stadttoren vorhanden war. Außerdem meißelten die damaligen Baumeister den Reichtum im wahrsten Sinne des Wortes in Marmor oder Granit und prägten dadurch die besondere Kulisse von "Elbflorenz".

Inzwischen ist sie mit einem dunklen Ruß-Öl-Belag aus dem letzten Jahrhundert – und so manchem Graffiti aus der Neuzeit überzogen. Während die historische Patina ein selbstverständlicher Teil der sächsischen Hauptstadt ist, wirken die Graffitis an den historischen Fassaden störend.

Graffitis verunstalten die Fassaden

Doch für die Sprayer der Stadt sind auch andere Flächen interessant. Sie toben sich an der Ufereinfassung der Elbe, Hauswänden, Türen, Glasflächen oder Straßenbelägen aus, um ihre Grafiken, Bilder, Politbotschaften oder gänzlich sinnbefreiten Schmierereien aufzubringen.

Für die Eigentümer stellen sie ein großes Ärgernis dar, das möglichst schnell entfernt werden soll. Dabei werden teilweise rabiate Mittel angewendet, die vom Hochdruckreinigungsgerät bis zur Flex reichen.

Besondere Vorsicht bei Graffiti auf Sandstein

"Die in Dresden und Umgebung verbauten Materialien sind vergleichsweise weich. Das gilt insbesondere für den hiesigen Sandstein. Eine mechanische Graffiti-Entfernung führt daher zwangsläufig zu einer Schädigung des Baustoffs und einem Abtrag der historischen Patina", erläutert Torsten Höhne, Geschäftsführer des Dresdner Unternehmens Graffitti ex.

"Um die Lacksprays wieder von den Fassaden abzulösen, arbeiten wir daher überwiegend mit einer chemischen Methode. Diese ist zuverlässig, schnell, geräuscharm und erhält das ursprüngliche Aussehen der Oberfläche."

Nur chemische Verfahren verwenden

Die Wirkungsweise der von ihm zur Entfernung von Graffiti angewendeten Verfahren hat der Spezialist vor zwanzig Jahren am eigenen Objekt ausprobiert. Als ehemaliger Immobilienmakler und -verwalter fand er eines Tages Graffiti an einer Häuserwand, die kein Unternehmen entfernen konnte. Daher entschied sich Höhne, es selbst zu versuchen.

Der von ihm eingeschlagene Weg war erfolgreich und sprach sich bei seinen Branchenkollegen rasch herum. Als ein Auftrag zur Graffiti-Entfernung dem nächsten folgte, machte er sich im Jahr 1998 selbstständig. Mit seinem Unternehmen ist er inzwischen längst über Dresdens Grenzen hinaus tätig.  

Stadt-, Landes- und Bundesverwaltungen, Immobilieneigner, Hausverwaltungen, Genossenschaften sowie Privatpersonen aus Cottbus, Chemnitz und Leipzig beauftragen den Spezialisten. In jüngerer Zeit treffen außerdem vermehrte Anfragen aus Berlin im Unternehmen ein.

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    Entsorgung der Schmutzflotte bei Graffiti-Entfernung
    © Sabine Anton-Katzenbach
    Da Graffitti ex chemische Reinigungsmittel und Heißwasserstrahl anwendet, wird der ­Arbeitsbereich mit Auffangbecken umkleidet. Das Abwasser wird abgepumpt und entsorgt.
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    Restlose Graffiti-Entfernung auf Sandstein
    © Torsten Höhne
    Das Werk ist gelungen: Nach der Bearbeitung aller Flächen mit ausgewählten Reinigungs­chemikalien und Heißwasser ist der Pavillon an der Elbe wieder Graffiti-frei.
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    Reinigung mit Heißwasserstrahl bei Graffiti-Entfernung
    © Sabine Anton-Katzenbach
    Nach jedem Auftrag der Reinigungsmittel wird mit Heißwasserstrahl abgereinigt. Die Schmutzflotte wird manuell abgepumpt und anschließend fachgerecht entsorgt.
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    Das Team von Graffiti ex
    © Sabine Anton-Katzenbach
    Das Spezialistenteam von Graffitti ex (v.l.) Rene Eber, Ronny Berger und Geschäftsführer ­Torsten Höhne holt sich bei Bedarf das Know-how von Thoralf Hase, Experte für Fassaden­reinigung, hinzu.
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    Unterschiedliche Farbpigmente bei Graffiti
    © Sabine Anton-Katzenbach
    Graffiti haben einen unterschiedlich hohen Auftrag. Die Farbdicke zeigt sich nach dem Auftrag der Reinigungsmittel. Die verfärbten Stellen sind weitgehend angelöst, die hellen Stellen müssen erneut behandelt werden.

Graffiti ex: Spezialist für Graffiti-Entfernung

Das erklärte Ziel von Graffitti ex ist die Wiederherstellung eines Fassadenzustands vor der Sprayaktion. Der Leistungsumfang des Unternehmens umfasst daher nicht unbedingt nur die restlose Entfernung von Graffiti. An verputzten und/oder gestrichenen Fassaden gehört außerdem ein farblicher Angleich der bearbeiteten Stellen dazu, wenn dies nötig ist.

Um dies zu ermöglichen, misst Höhne die Farbwerte der Fassade vor Beginn der Arbeiten mit einem Farbmessgerät aus und übermittelt die Daten an ein mit dem Unternehmen kooperierendes Labor. Dort werden die Farbtöne mit Systemen renommierter Farbenhersteller in der angeforderten Menge angemischt und umgehend nach Dresden gesendet.

Original-Farbton der Fassade wieder herstellen

Wenn die verputzte Fassade von den Sprühlacken gereinigt und ihre Diffusionsfähigkeit wiederhergestellt ist, wird die Farbe im letzten Arbeitsschritt aufgetragen. Dadurch entsteht ein Nachher-wie-vorher-Effekt, der vergessen lässt, dass noch wenige Stunden vorher ein Wand-Tattoo an der Fassade prangte.

Bei dem Unternehmen für Graffiti-Entfernung sind alle gängigen Reinigungsverfahren im Einsatz. Eine Hochdruckreinigung mit Strahlgut bleibt jedoch ausschließlich auf Granitoberflächen beschränkt. Mehr als 85 Prozent aller Reinigungsaufgaben werden hingegen mit chemischen Reinigungssubstanzen und einem Wasserdruckstrahlgerät durchgeführt.

Untergrund bei Auswahl der Reinigungsmittel beachten

Dabei nutzt das Unternehmen ein ansehnliches Arsenal von über fünfzig verschiedenen Reinigungsmitteln. "Der Schwierigkeitsgrad einer Farbentfernung hängt in erster Linie vom Untergrund ab. Wir haben es häufig mit weichen, porösen Materialien wie Sächsischem Sandstein in seinen unterschiedlichen Ausprägungen, Marmor, Holz oder auch Sichtbeton zu tun. Jedes Material hat seine Eigenheiten, die wir bei der Auswahl der geeigneten Reinigungsmittel beachten müssen", erläutert Höhne.

"Die Graffiti-Entfernung richtet sich aber auch nach den Pigmenten und der Auftragsdicke, insbesondere aber nach dem im Spray eingesetzten Lösungsmittel. Dieses entscheidet maßgeblich über die Eindringtiefe und die Aushärtungsgeschwindigkeit des Lacks.

Ziel: Diffusionsfähigkeit der Fassade wieder herstellen

Unsere Aufgabe ist es, mit passenden Reinigungsmitteln die Diffusion der Farbpigmente in den Baustoff wieder rückgängig zu machen. Dafür gibt es kein Standardverfahren. Vor allem zählt unsere langjährige Erfahrung, die wir bei Bedarf um das Knowhow von Thoralf Hase, Geschäftsführer des gleichnamigen Unternehmens für Fassadenreinigung, ergänzen."

Graffiti können bis zu 15 Millimeter tief in ein Gestein eindringen. Vor allem Lacke mit langsam verdunstendem Lösungsmittel tendieren zu diesem Verhalten: Die Pigmente werden längere Zeit in einem migrierfähigen Zustand gehalten und können ins Innere eines Baustoffs wandern.

Bei diesem Prozess spielt auch die Witterung eine Rolle. Ist es kalt und feucht, vaporisieren die Lösungsmittel langsamer als bei heißem, trockenem Wetter. Spätestens nach zwei Wochen ist die Aushärtung jedoch erreicht und "Alterung" spielt nur noch eine untergeordnete Rolle.

Ältere Graffiti lassen sich schwerer entfernen

"Während sich frische Graffiti verhältnismäßig leicht entfernen lassen, steigt der Arbeitsaufwand mit dem vorangeschrittenen Aushärtungsgrad der aufgesprühten Farben", weiß Höhne. "Auch besonders dick aufgetragene Lackschichten erfordern meistens mehrere Arbeitsgänge. Dabei gehen wir teilweise wie in einer Ausgrabungsstätte vor: Jede Schicht wird mit einem geeigneten Mittel herausgeholt."

Das verwendete Reinigungsmittel muss dabei die Diffusion der Pigmente aus dem Inneren der besprühten Fläche nach außen bewirken. "Das Prinzip ähnelt einem Löschblatt: Mit Hilfe der chemischen Substanz werden die Farbmoleküle aus dem Baustoff herausgesaugt", erläutert der Fachmann.

Graffiti-Sprayer probieren immer neue Mittel aus

Doch obwohl er inzwischen auf eine zwanzigjährige Erfahrung zurückgreifen kann, wird er immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert. "Graffiti-Sprayer lassen sich immer etwas Neues einfallen, um dauerhafte Abbildungen zu hinterlassen. Derzeit bekommen wir es mit teerhaltigen Unterbodensprays zu tun. Diese lassen sich auf den meisten Baustoffen unserer Region nur auf chemischem Weg ablösen, wenn keine Schattenbilder und eine angegriffene Oberfläche zurückbleiben sollen.

Für eine restlose Entfernung haben wir daher verschiedene Vorversuche durchgeführt und dafür auch unsere in ganz Europa ansässigen Lieferanten einbezogen. Doch es ist wie immer: Kaum haben wir ein geeignetes Verfahren entwickelt, ziehen die Sprayer schon wieder eine neue Substanz aus ihren Taschen und sind uns erneut eine Nasenlänge voraus", sagt Höhne.

Mit dem eingelösten Versprechen, gesprayte Schmierereien restlos zu entfernen, hat das Unternehmen seit Gründung mehr als 5.000 Kunden gewonnen. Unter anderem gehört die Stadtverwaltung Dresden mit verschiedenen Behörden und Ämtern dazu.

Graffiti restlos entfernen

Bei einer der jüngsten Arbeiten für die Stadt ging es um einen an der Uferpromenade der Elbe gelegenen runden Pavillon. Er wird von Säulen aus Postaer Sandstein (Elbsandstein) gerahmt, während der Sockel und der Deckenabschluss aus Sächsischem Sandstein gefertigt sind, der an verschiedenen Stellen mit Sandsteinersatzmasse geflickt ist.

Die gemauerte Innenwand wurde erst kürzlich verputzt und weiß gestrichen. Und an allen diesen Segmenten befinden sich Graffiti. Während das an der weißen Innenfläche aufgesprayte Insignium knallrot leuchtet, sind auf den Säulen vorerst nur bunte Schatten zu sehen. Sie waren vor geraumer Zeit mit Hochdruck bestrahlt worden, wobei sowohl Sandstein als auch Farbanteile nur oberflächlich weggeblasen wurden. Die in die Tiefe migrierten Pigmente waren jedoch geblieben, wo sie waren.

Um sie zum Herausdiffundieren zu bewegen, wurden die Säulen im ersten Arbeitsgang mit einem Druckstrahler und Heißwasser (70°C) vorgereinigt. "Dadurch wird der angelagerte Schmutz abgetragen. Gleichzeitig nimmt der Stein die Feuchtigkeit auf. So wird ein zu tiefes Eindringen der anschließend aufgebrachten flüssigen Reinigungschemikalie in das Baumaterial vermieden und der Einsatz bleibt auf das notwendige Maß begrenzt", berichtet Höhne.

Schmutzflotte fachgerecht entsorgen

Nach einer Einwirkdauer von einer knappen Viertelstunde werden die aus der Säule herausdiffundierte Farbschicht und die Reinigungssubstanz erneut mit Heißwasser abgespült. Die Schmutzflotte fließt dabei in ein zuvor von dem Graffitti ex-Team errichtetes, abgedichtetes Auffangbecken. Sie wird später abgepumpt, zu einem Spezialunternehmen gebracht und dort nachweislich und fachgerecht entsorgt.

Da die Graffiti an den Säulen älter und längst im Stein ausgehärtet sind, wird der Vorgang des Auftragens der Reinigungschemikalien und des Abspülens mehrmals wiederholt, bis keine Farbreste mehr zu sehen sind. Üblicherweise rechnet Höhne mit bis zu vier Durchgängen, damit sich Preis und Ergebnis in einem vertretbaren Umfang bewegen.

Bei größeren Graffiti testet der Unternehmer die tatsächlich benötigte Anzahl an einer kleinen Probefläche aus. "Dadurch sind wir in der Lage, unseren Aufwand und die Kosten für den Kunden möglichst genau zu kalkulieren. Meistens setzen wir bei vier Behandlungen die Grenze. Manchmal können aber auch mehr Behandlungen notwendig sein, um die Farben aus Naturmaterialien wie Marmor oder Sandstein abzutragen."

Mehrere Bearbeitungsgänge notwendig

"In jedem Fall ist der Untergrund der limitierende Faktor bei den Bearbeitungsgängen", sagt Höhne und weist auf das leuchtend rote Graffito im Inneren des Pavillons. Nach dem dritten Durchgang aus Reinigungsmittelauftrag und -abspülen kommt der Rohputz zum Vorschein, die weiße Dispersionsfarbe fehlt an einigen Stellen.

"Wir haben die Grenze unserer Reinigungsmöglichkeiten erreicht. Ein weiterer Durchgang würde die Oberfläche zu stark in Mitleidenschaft ziehen. Dessen ungeachtet haben wir aber unser Ziel erreicht: Die Diffusionsfähigkeit des Baustoffs ist nach der Graffiti-Entfernung wiederhergestellt.

Daher können wir im letzten Schritt nun die Farbe auftragen, mit der die Wand gestrichen worden war – in exakt dem Farbton, den wir vorher ausgemessen haben. Wenn sie getrocknet ist, wird man den Unterschied nicht mehr erkennen können."