II. Öko-Marketingtage: „Verantwortung übernehmen!“

Verantwortung steht für die „Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass (innerhalb eines bestimmten Rahmens) alles einen möglichst guten Verlauf nimmt“ gleichermaßen wie für die „Verpflichtung, für etwas Geschehens einzutreten“. Bei den II. Öko-Marketingtage der Akademie Schloss Kirchberg mit dem Titel „Welcome to Mainstream – Gemeinsam Verantwortung übernehmen“ diskutierten rund 230 Vertreterinnen und Vertreter aus der (Bio-)Landwirtschaft, dem Handel, der Produktion, der Wissenschaft und der Politik über zukunftsfähige Konzepte und einen enkeltauglichen Lebensstil.

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    © Hans Kumpf
    Podiumsdiskussion unter Leitung von Carolyn Hutter, Professorin an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Heilbronn (ganz links), und Jan Niessen, Professor an der Technischen Hochschule Nürnberg. Die Diskutanten (von links): Julia Unseld, Kornmühle, Nisha toussaint-Teachout, Fridays for Future Stuttgart, Julian Beer, Lidl, Ursula Hudson, Slow Food Deutschland, und Anke Kaffenberger, Weleda.
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    Vorsitzender Rudolf Bühler, Stiftung Haus der Bauern, eröffnet die Veranstaltung mit einem Impulsreferat.
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    Klimaaktivistin Charlotte von Bonin, Fridays for Future Stuttgart, plädierte unter anderem für die Einbeziehung der tatsächlichen Kosten bei der Herstellung von Produkten.

„Unsere aktuellen gesellschaftlichen Strömungen machen uns Mut auf dem Weg zu 50 Prozent Bio“, sagte Rudolf Bühler, Vorsitzender der Stiftung Haus der Bauern, in seinem Impulsreferat.

„Wir reden über die Klimakrise, dabei sind wir mittendrin“, machte Charlotte von Bonin (Fridays for Future Stuttgart) unmissverständlich klar, dass es ein Weiter so aus Sicht ihrer Generation nicht geben kann. Lösungsansätze sind für die Klimaaktivistin beispielsweise eine vegane und regionale Ernährung, Transparenz in der Herstellung, Bildung der Konsumenten und der „wahre Preis“ – also die Einbeziehung der tatsächlichen Kosten bei der Herstellung von Produkten.

„Die Schäden des industriellen Lebensmittelsystem liegen auf dem Tisch“, konstatierte auch Ursula Hudson, Vorstandsvorsitzende Slow Food Deutschland, die unter wirklich guten Lebensmitteln mehr als nur ökologische Herstellung versteht. Hudson plädiert für einen Aufbruch in Richtung „weniger und gerechter“ mit beispielsweise 100 Gramm gutes Fleisch – und zwar pro Woche.

Zur Verantwortung des Handels nahmen gleich vier Referenten Stellung. „Der Begriff Nachhaltigkeit ist degeneriert“, stellte Horst Lang von der Globus SB-Warenhaus Holding fest. Der Leiter von Qualitätssicherung und Umwelt skizzierte das Leitbild des Unternehmens, das in der Verantwortung für Mensch, Natur und Umwelt liege. Jeder der Globus-Märkte biete regionale Produkte an, die rund um seinen Standort hergestellt werden. Lang forderte einen Paradigmenwechsel: „Weg von Marktanteil, hin zum Anteil am Leben.“

Ein höherer Lebensstandard, das sei auch Ziel einer Aktion der Alibaba Group, China, berichtete deren deutscher Vertreter Fabian Sinn. Seit 2014 richtet das Unternehmen auf dem Land Servicestationen ein, um der dörflichen Bevölkerung Chinas mehr Perspektiven zu bieten. Das funktioniere auch andersherum – Waren aus dem Dörfern gelangen dank E-Commerce und den neuen logistischen Möglichkeiten in die Städte. 30 000 Dörfer hat Alibaba bisher erschlossen, in den nächsten Jahren sollen es 150 000 werden – ein Sechstel aller chinesischen Dörfer.

Für die Interessengemeinschaft der Biomärkte in Deutschland sprach Lukas Nossol, Vorstand dennree. „Wir sehen uns als Wertegemeinschaft, doch das reicht nicht aus“, sagte Nossol, „Aktivist zu sein gehört auch dazu.“ Die ersten seien die Landwirte gewesen, die Verantwortung übernommen hätten. Das zeichne die Öko-Branche aus: „Sie denkt von der Natur aus und hat sich entsprechend entwickelt.“

Julia Unseld, Inhaberin und Geschäftsführerin Kornmühle, argumentierte in dieselbe Richtung: „Wir müssen als Händler und Konsumenten Verantwortung dafür übernehmen, dass Landwirte die Entscheidung für Bio treffen können.“ Es gelte, die Kunden vom Preis zu entwöhnen: „Es gibt nur Qualität oder billig.“ Jeder müsse Verantwortung übernehmen für den, der in der Wertschöpfungskette vor ihm liegt. „Ich trage Verantwortung für den Landwirt, und ich wiederum brauche einen verantwortungsvollen Händler.“

„Verantwortungsbewusste Vermarktungswege – Show oder Substanz?“ war die anschließende Podiumsdiskussion überschrieben. Hier stellte Nisha Toussaint-Teachout (Fridays for Future Stuttgart) eine entscheidende Frage. „Wie kann es möglich sein, Dinge zu kaufen, die verantwortungslos hergestellt wurden?“ Die Marktstrukturen müssten geändert werden. Mit Julian Beer, Geschäftsführer Einkauf Lidl, hatte die Runde einen selbstkritischen Gesprächsteilnehmer aus dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) am Tisch. Der LEH habe nicht-nachhaltige Strukturen geschaffen, „jetzt versuchen wir zu korrigieren.“ Lidl, das jüngst eine Partnerschaft mit Bioland eingegangen ist, versuche mit seiner „Marktmacht Akzente zu setzen“.

Akademie Schloss Kirchberg

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