Boden zu glatt für Büroarbeitsplätze?

Der Boden einer ehemaligen Gewerbe- und Lagerhalle, die zu provisorischen Büroarbeitsplätzen umfunktioniert worden ist, war stark verschmutzt. Die sich daraus ergebende Rutschgefahr führte zu einem Streit zwischen Objektbetreiber und Mieter. Ein Sachverständiger sollte ein Gutachten über die Rutschgefahr erstellen.

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    Messung des Gleitreibungskoeffizienten
    © Sascha Hintze
    Als Durchschnitt der schlechtesten Messungen ergab sich ein Gleitreibungskoeffizient von 0,53 My.
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    Messung Rutschgefahr
    © Sascha Hintze
    Zwecks Dokumentation der Messungen wurde auch der Zustand der gewählten Gleiter festgehalten.
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    Schadensfall Rutschgefahr nach Umbau
    © Sascha Hintze
    Aufgrund der Trockenbaumaßnahmen war der Boden durch mineralische Stäube verschmutzt. Da der Gleitreibungskoeffizient bei üblicher Nutzung zu messen ist, entschied der Sachverständige, den Boden in dem Bereich, in dem die Messungen erfolgen sollten, in den Zustand zu versetzen, der nach einer erfolgten Bauschlussreinigung vorherrschen würde.

Während des Neubaus eines Verwaltungsgebäudes sollte aus Platzgründen eine ehemalige Gewerbe- und Lagerhalle zu provisorischen Büroarbeitsplätzen umfunktioniert werden. Dazu wurden im ehemaligen Gewerbebereich diverse Umbaumaßnahmen wie beispielsweise das Einziehen von Trockenbauwänden durchgeführt.

Während einer ersten Baustellenbegehung verwies der Sicherheitskoordinator des zukünftig dort ansässigen Betriebes darauf, dass der Boden zu glatt sei und eine gewerbliche Nutzung nicht gewährleistet werden könnte. Da das Erneuern der Oberfläche für die Umbaumaßnahmen nicht nur einen erheblichen zusätzlichen finanziellen Aufwand bedeutet hätte, sondern darüber hinaus auch eine erhebliche Zeitverzögerung hinzugekommen wäre, entschied man sich, die Oberfläche durch ein Sachverständigengutachten prüfen zu lassen.

Sachverständiger sollte Rutschgefahr überprüfen

Hierbei sollte überprüft werden, ob es tatsächlich zu einer Rutschgefahr kommen könnte und ob es Maßnahmen gibt, die mit wesentlich geringeren Kosten die Rutschsicherheit sicherstellen können.

Zum Zeitpunkt des Ortstermins befand sich das Objekt noch in den abschließenden Maßnahmen des Umbaus. Zu diesem Zeitpunkt wurde jedoch auch die Begehung durch den Sicherheitskoordinator durchgeführt. Aufgrund der Trockenbaumaßnahmen war der Boden durch mineralische Stäube verschmutzt – die Grundreinigung stand noch an.

Reinigung vor Messung nötig

Da der Gleitreibungskoeffizient bei üblicher Nutzung zu messen ist, entschied sich der Sachverständige zunächst dafür, den Boden in dem Bereich, in dem die Messungen erfolgen sollten, in den Zustand zu versetzen, der nach einer erfolgten Bauschlussreinigung vorherrschen würde.

Hierzu wurden Reinigungsmittel verwendet, die zur Reinigung der Verschmutzung dienten, die tatsächlich vor Ort angetroffen wurden. So wurde im ersten Arbeitsgang ein Allzweckreiniger verwendet. Nach Aufnahme der Schmutzflotte erfolgte ein zweiter Arbeitsgang mit einem sauren Unterhaltsreiniger zur Entfernung der mineralischen Verschmutzungen.

Anschließend wurde die Schmutzflotte mittels Mikrofasertüchern aufgenommen, so dass nach dem vollständigen Abtrocknen der Musterfläche der Boden hinsichtlich des Gleitreibungskoeffizienten überprüft werden konnte.

Messung in stark frequentierten Bereichen

Für die Musterflächen wurden vor allem stark frequentierte Laufzonen berücksichtigt. Die Messungen erfolgten daher im Bereich des Übergangs zum Treppenhaus, vor dem Aufzug, im Bereich des Zugangs zu den WC-Anlagen sowie in Teilen des Flurs, in denen mit einer starken Frequentierung als Zugang zu den Büroräumlichkeiten zu rechnen ist.

Die Auswertung ergab als Durchschnitt der schlechtesten Messungen einen Gleitreibungskoeffizienten von 0,53 My. Um die Messung über das Messprotokoll hinaus zu dokumentieren, wurde neben den Protokollen ebenfalls der Zustand der gewählten Gleiter durch visuelle Darstellung festgehalten.

Ergebnis: Boden uneingeschränkt betriebstauglich

Nach Auswertung der Messungen in den beschriebenen stark frequentierten Bodenbereichen kam der Sachverständige zu folgendem Schluss: Der Zustand des Bodens zum Zeitpunkt der Messungen – nach Reinigung ohne Durchführung weiterer Maßnahmen – kann unter Berücksichtigung des Bewertungskonzeptes Rutschgefahr der BGI/GUV-I-8687 als uneingeschränkt betriebstauglich bezeichnet werden. Maßnahmen, die über eine übliche Bauschlussreinigung hinausgehen, waren somit nicht notwendig.

Weitere Schadensfälle finden Sie in unserer Schadensfalldatenbank.

Tipp des Sachverständigen: übliche Nutzung beachten

Die Messungen des Gleitreibungskoeffizienten sollten immer zu den Bedingungen der üblichen Nutzung erfolgen. Sollten bereits zu Beginn Gegebenheiten ­vorherrschen, die nicht der üblichen Nutzung ent­sprechen, so sind die entsprechenden Parameter anzu­gleichen.
Im vorliegenden Fall wurde hierzu in den Messbereichen eine Bauschlussreinigung auf dem Boden durchgeführt. Pauschale Aussagen zur Rutschsicherheit sollten keine Maßnahmen enthalten, die nicht objektiv zu überprüfen sind. Im Zweifel hilft hier immer die Messung des ­Gleitreibungskoeffizienten.

Der Autor: Sascha Hintze

Sascha Hintze,  Sachverständiger
© Sascha Hintze


Sascha Hintze
ist Gebäudereinigermeister, öffentlich bestellter und vereidigter ­ Sachverständiger.

Sachverständigenbüro für Gebäude­reinigung & ­Entwicklung, Duisburg.

Kontakt: hintze@sach­ver­staendigenbuero-hintze.de