Brandschutz Großbrand: "Die Mitarbeiter hatten Tränen in den Augen"

Fängt die Wäsche Feuer, verbrennen in Wäschereien nicht nur Stoffe – ein solcher Brand kann den Ruin bedeuten. Nicht so für das Unternehmen Greif Textile in Augsburg. Von dem Brand vor acht Jahren hat sich der Betrieb zwar erholt, das Unglück hat dennoch Spuren hinterlassen. Das rät Geschäftsführer Markus Greif anderen Unternehmern.

Vor acht Jahren brannte die Wäscherei Greif in Augsburg
Verschmorter Kunststoff und verrußte Wände – das Ausmaß des Feuers bei Greif in Augsburg. - © Greif

Als der Anruf kam, dass die Brandmeldeanlage angeschlagen hat, war Markus Greif im ersten Moment nicht beunruhigt. "Die geht öfters, aber zu 99 Prozent ist nichts." In jener Nacht aber war es anders. An jenem 10. Januar vor acht Jahren brannte die Wäscherei Greif Textile in Augsburg. Meterhoch schlugen die Flammen durch das Hallendach. Erst als der Unternehmer vor dem Gebäude stand war klar: Das ist der Ernstfall. Der schwärzeste Tag in der Geschichte des vor fast 100 Jahren gegründeten Familienunternehmens – so beschreibt Greif das Ereignis heute.

Was er in dem Moment, als er seine Wäscherei brennen sah, gedacht hat, weiß er nicht mehr. "Ich stand unter Schock", sagt der 43-Jährige Geschäftsführer. Funktionieren musste er trotzdem. Nicht nur wegen der Polizei und der Feuerwehr, für die er Ansprechpartner war. Nein, v. a. wegen des nächsten Tages. Denn trotz des Brands: Der Betrieb musste weiterlaufen. Also griff er zum Telefon und tüftelte schon an dem Plan für den nächsten Tag.

Textilpflegebranche: Statistiken zu Bränden in Wäschereien fehlen

Auch wenn es keine Statistik über Brände in Wäschereien gibt, von Fällen wie in Augsburg berichten Medien immer wieder. So fing beispielsweise in Niebüll, Schleswig-Holstein eine Waschmaschine Ende Februar Feuer. Am 5. Februar brannte ein Wagen voller Wäsche in der Uniklinikwäscherei in Freiburg, Baden-Württemberg. Und am 25. November vergangenen Jahres stand eine Wäscherei in Detmold, Nordrhein-Westfalen in Flammen. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hatten sich ölgetränkte Tücher selbstentzündet. Selbstentzündung war nach Angaben des deutschen Statistikportals Statista in zwei Prozent aller untersuchten Brände im Jahr 2018 der Grund für Feuer.

Brandursache Nummer 1 ist die Elektrik mit 32 Prozent. Menschliches Versagen verursacht jeden fünften Brand und knapp einer von zehn Fällen geht auf Brandstiftung zurück. In Augsburg hatten in jener Nacht 2012 Handtücher von selbst Feuer gefangen. Sie waren mit Ayurvedischen Ölen getränkt. Greif wäscht für Gastronomen und Hotels. Gefahren lauern nicht nur im Wellness-Bereich, auch Küchen hantieren mit Ölen, die sich selbst entzünden können – etwa Leinöl.

Die Wäscherei Greif in Augsburg besteht aus zwei Gebäuden und hat 500 Mitarbeiter. Pro Tag bearbeiten sie in beiden Gebäudeteilen bis zu 120 Tonnen Wäsche. Das Feuer loderte damals nur in einem Bereich. Dennoch war in jener Nacht 40 Tonnen Wäsche verbrannt oder durch den entstandenen Rauch kontaminiert, sagt Markus Greif. Mitarbeiter wurden keine verletzt. Ein Feuerwehrmann erlitt eine Rauchvergiftung. Ein Teil des Gebäudes sei komplett abgebrannt. Eine halbe Million Euro Schaden, schätzten die Einsatzkräfte am Tag des Unglücks.

Vor acht Jahren brannte die Wäschere Greif in Augsburg
Nicht nur offenes Feuer, das Textilien verbrennt, richtet Schaden an. Sondern auch der entstehende Rauch und der Ruß, der sich in die Wäsche setzt. - © Greif

Wer bezahlt den Schaden?

"Den Schaden hat die Versicherung bezahlt", sagt Greif. "Ohne Versicherung wäre der Schaden wirtschaftlich nicht zu stemmen gewesen." Er holt kurz inne und schiebt nach: "Das hätten wie nie wieder aufgeholt."

Für ihn ist eines klar: An der Versicherung darf nicht gespart werden. Schließlich bedrohen Schadensfälle nicht nur die eigene Existenz, sondern auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter. Als Geschäftsführer stehe er in der Verantwortung. Eine besondere Police hat er nach eigenen Angaben nicht, er lasse sich von einem guten Makler beraten. Einem Experten der Wäschereibranche, wie er sagt. So sollen Versicherungslücken geschlossen werden.

Sein Betrieb sei von Feuer bis Überschwemmung gegen alles abgesichert. Schon gegen Fälle, bei denen er nur den "Hauch von Risiko" sehe, sichert sich Greif ab. "Alles andere ist russisches Roulette."

Brand bei Greif: Der Tag danach

Auch am Tag nach dem Brand musste Wäsche gewaschen, gemangelt und gestapelt werden. "Wir versorgen ja tagtäglich Kunden." Und die wollte Greif halten. Denn neben dem finanziellen Schaden stand auch das Renommee des Familienbetriebs auf dem Spiel. Also musste er improvisieren. Die gelieferte Wäsche verteilte Greif auf andere Standorte des Unternehmens. Lkws karrten stapelweise schmutzige Wäsche quer durch Deutschland. In Augsburg mietete er externe Räume. Ein Shuttlebus transportierte die Ware von der Wäscherei zum Lager. Die Mitarbeiter schoben Sonderschichten und Überstunden, um die Menge zu bewältigen. "Es war ein Kraftakt", sagt er. Etwa ein halbes Jahr habe es gedauert, bis der Betrieb am Augsburger Standort wieder normal lief. Die Mühe hat sich gelohnt: Nicht einen Kunden habe er wegen des Brands verloren, sagt Greif.

Vor acht Jahren brannte die Wäscherei Greif in Augsburg
Nach dem Brand halfen alle zusammen: Statt Wäsche reinigten die Greif-Mitarbeiter vorübergehend Böden. - © Greif

Geschafft habe es die Wäscherei auch dank der Mitarbeiter, die trotz aller Ängste und Hektik weitergemacht haben. In seiner Stimme schwingt Stolz. "Das ist das Positive bei all der Tragik: Dass wir als Familienbetrieb in der Extremsituation zusammengerückt sind und das gemeistert haben." Doch nicht nur seinen Mitarbeitern ist Markus Greif dankbar – auch etlichen Kollegen. Bei aller Rivalität auf dem Markt, sagt er, hätten sie ihn mit den Wäschebergen nicht alleine gelassen: "Viele haben angerufen und gefragt: Wie kann ich helfen?"

Die Lehren aus dem Brand

Achtsamkeit. Dieses Schlagwort ist für Greif nach dem Brand Programm geworden. "Der Mensch vergisst", sagt er. Auch Profis. Denn im täglichen Umgang mit Wäsche rücke das potenzielle Risiko, das von der Wäsche ausgeht, schnell in Vergessenheit.

Die Folge: Gefahren werden unterschätzt. Was dagegen hilft? Reden. Davon ist er überzeugt. "Kommunizieren." Mit Mitarbeitern, mit Lieferanten, und mit Kunden. Denn die bringen die Wäsche in den Betrieb. Wissen sie nicht, welche Gefahren sie bergen, kann das fatale Folgen haben.

Das sagt Brandschutzexperte Ulrich Jander

Der Ansicht ist auch Brandschutzexperte Ulrich Jander. Er nennt als Beispiel ölverunreinigte Lappen: "Sie werden zum Reinigen der Fettfilter an Dunstabzugshauben eingesetzt, oder zum Reinigen der Grillplatten."

Warum entzündet sich Wäsche selbst?

Fette und Öle, wie sie in Küchen und Wellnesseinrichtungen vorkommen, beinhalten ungesättigte Fettsäuren. Diese reagieren mit Sauerstoff aus der Luft. Bei diesem chemischen Prozess entsteht Wärme. Eine hohe Ausgangstemperatur beschleunigt den Vorgang. Für die Praxis bedeutet das: Wird noch warme Wäsche aus einem Trockner oder einer Mangel direkt in Container, Wannen oder Schränke gelagert, kann das gefährlich werden. Und zwar dann, wenn sich auf der Wäsche noch Fettrückstände befinden. Beginnt der chemische Prozess, kann die Wärme im Wäschestapel so stark ansteigen, dass die Textilien Feuer fangen.

So vermeiden Sie, dass sich Textilein selbst entzünden

  1. Wählen Sie ein Waschprogramm, das Fette besonders gut löst.
  2. Waschen Sie stark verfettete Teile zweimal.
  3. Lassen Sie die Wäsche gut abkühlen, bevor sie gestapelt und verpackt wird.
  4. Wenn Sie keinen Platz zum Auskühlen der Wäsche haben, lagern Sie die warmen Stücke in einem Bereich mit speziellen Brandschutzmaßnahmen. So lassen sich zumindest die Folgen eines potenziellen Brands vermeiden.

Brand im Betrieb: Was danach wichtig ist

Für den Alltag im Betrieb heißt das, Kunden aufzuklären. "Das ist das Wichtigste", erklärt Greif. Nur so kann er sicherstellen, was er angeliefert bekommt, und dafür sorgen, dass fettgetränkte Wäsche gesondert gelagert und gewaschen wird. Doch nicht nur die Kunden sensibilisiert Greif. Auch die Mitarbeiter hält er dazu an, jedem ungewöhnlichen Geruch konsequent nachzugehen.

Nicht nur in Wäschestapeln lauert Gefahr, auch Staub und Flusen, die sich von den Textilien abnutzen, können sich selbst entzünden. "Ein Knackpunkt ist, dass Geräte regelmäßig gewartet werden", empfiehlt der Brandschutzexperte Jander. Gerade Betriebe, die rund um die Uhr waschen, zögerten diese Intervalle oft hinaus. Das kann problematisch werden. Eine weitere Gefahrenquelle sind anfallende Schweißarbeiten. Diese dürften trotz aller Routine nicht auf die leichte Schulter genommen werden, sagt Greif. Er warnt vor den Gefahren. Angst schürt er aber nicht. "Wir wollen ja, dass die Kunden ihre Wäsche zu uns bringen." Wichtig sei nur, dass jeder, der mit der Wäsche hantiert, entsprechend vorsichtig damit umgeht.

Neben der erhöhten Achtsamkeit hat Greif eine weitere Lehre aus dem Brand gezogen: Sprinkleranlagen. In jedem neu gebauten Standort installiert er die automatischen Feuerlöschanlagen. Sie verhindern, dass ausgebrochenes Feuer sich zu einem Großbrand ausweiten.

Jene Nacht vor acht Jahren hat Greif sensibilisiert. Er ist vorsichtiger geworden. In jener Nacht, so sagt er, habe er das Ausmaß noch gar nicht realisiert. Was passiert war, sei ihm erst bewusst geworden, als die Mitarbeiter der Frühschicht kamen, "und ich die Tränen in ihren Augen gesehen habe." Sie hätten ihn umarmt und gesagt: "Wir schaffen das." Sie hatten Recht.

Brand in Wäschereien vermeiden: 6 Tipps vom Brandschutzexperten

Ulrich Jander berät seit über 25 Jahren Unternehmen insbesondere Hotels in Sachen Sicherheit. Der Sachverständige für Brandschutz zeigt Betrieben ihre Schwachstellen auf. Das rät Jander Wäschereien und Textilreinigungen.

  1. Warten Sie Ihre Geräte. Zögern Sie die Wartungsintervalle nicht hinaus. Brände können auch durch technische Probleme entstehen. Bei Wartungsarbeiten werden auch die elektrischen Anlagen im Allgemeinen geprüft. Sachversicherer bestehen darauf.
  2. Pflegen Sie Ihre Prüfunterlagen. Waschmaschinen, Trockner und Heißmangeln müssen gemäß der Unfallverhütungsvorschriften geprüft werden. Diese Prüfunterlagen sind entsprechend zu dokumentieren. Die Geräte müssen mit einer Prüfplakette versehen sein. Auf Verlangen müssen Betriebe diese Unterlagen der Berufsgenossenschaft oder der Arbeitsschutzbehörde vorlegen. Grundlage dafür ist die Verordnung der Unfallkassen DGUV V3. Im Schadensfall verlangt die Versicherung die Unterlagen. Sind Geräte nicht vorschriftsgemäß geprüft, kann sie die Schadensregulierung ablehnen.
  3. Versicherung: Beraten lassen. Setzen Sie sich mit dem zuständigen Sachversicherer in Verbindung, rät der Brandschutzexperte. Nur so lasse sich klären, ob eine geeignete Deckung für das Unternehmen besteht. Prüfen Sie auch, wer im Schadensfall Ausfälle gegenüber dem Kunden übernimmt. Kommt etwa eine Betriebsausfallversicherung zum Tragen?
  4. Analysieren Sie Gefahren. Erstellen Sie eine Gefährdungsanalyse, die Gefahrenbereiche erkennt. Sprechen Sie mit Ihrer Versicherung. Für Unternehmen bieten sie eine Risikoeinschätzung an. Auch die Betriebssicherheitsverordnung ist anzuwenden.
  5. Gefahrenstoffe sicher aufbewahren. Lagern Sie Gefahrenstoffe sicher und erstellen Sie ein Kataster. Listen Sie also auf, wo sich die verschiedenen Flüssigkeiten befinden und welche Klassifizierung sie haben. Einsatzkräften hilft dieses Wissen, um einzuschätzen, wie bestimmte Mittel reagieren und welche Folgen es für die Umwelt hat, wenn die Stoffe in die Kanalisation fließen.
  6. Bereiten Sie den Ernstfall vor. Benennen Sie einen Brandschutzbeauftragten sowie Evakuierungshelfer oder Brandschutzhelfer. Führen sie einmal im Jahr eine Räumungsübung durch. Gemäß den neuen Richtlinien seit 05/2014 müssen Feuerwehreinsatzpläne sowie die Brandschutzordnung alle zwei Jahre durch einen Sachkundigen geprüft werden.