Tele-Intensivmedizin So funktioniert das Virtuelle Krankenhaus NRW

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Viele Patientinnen und Patienten haben in der Corona-Pandemie bereits von den knapp 4.000 Televisiten des Virtuellen Krankenhauses NRW profitiert. Der Mehrwert für die Versorgung ist deutlich, das zeigen die starke Akzeptanz und die große Nachfrage. Nun wird das Behandlungsangebot sukzessive erweitert. Zeit für einen Blick hinter die Kulissen.

Telekonsil im Rahmen der Vorstufe des Virtuellen Krankenhauses NRW. – © Till Erdmenger

„Wir lagen gut mitten im Projektzeitplan, dann kam Corona“, erzählt Prof. Dr. Gernot Marx, Klinikdirektor für Operative Intensivmedizin der Universitätsklinik Aachen und Projektkoordinator des Virtuellen Krankenhauses NRW. Innerhalb von sieben Tagen waren die Telekonsile mit Expertise aus den Universitätskliniken Aachen und Münster Ende März 2020 verfügbar. Dabei geht es oft um Details bei Diagnose, Therapiestellung und die Beurteilung im Therapieverlauf – manchmal sogar unter Einbezug der Patientinnen und Patienten. Wer auf die digitale Expertise zugreifen möchte, kann über die Plattform https://virtuelles-krankenhaus.nrw/ eine Anfrage verschicken und erhält innerhalb von 30 Minuten bis maximal vier Stunden einen Termin via Link.

„Schon unser Pilotprojekt hatte gezeigt, dass Tele-Intensivmedizin die Behandlungsqualität maßgebend verbessert“, sagt Marx. Vor allem die 24/7-Verfügbarkeit von intensivmedizinischen Experten-Know-how überzeuge. Die Rund-um-die-Uhr-Versorgung habe auch für eine kurzfristige Steigerung der Intensivkapazitäten im Kampf gegen Corona bedeutet, die Zahl der Verlegungen habe dank der Telekonsile abgenommen.

Exklusive Einblicke in den virtuellen Krankenhausalltag

Michael Reiter hat für HCM nicht nur mit Marx, sondern auch mit Nadja Pequet, Geschäftsführerin der Virtuellen Krankenhaus NRW gGmbH, und Dr. Sandra Dohmen, Oberärztin der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care an der Uniklinik RWTH Aachen, gesprochen. In Video-Statements geben die drei Fachkräfte einen exklusiven Einblick in die Prozesse des Virtuellen Krankenhauses NRW (VKh.NRW).

Nachlesen können Sie die Inhalte auch in der aktuellen Ausgabe 2/2021 von HCM auf den Seiten 30 bis 32, „Kickstart für die Tele-Intensivmedizin“.

Virtuelles Krankenhaus: Jetzt auch Lebertumore und seltene Erkrankungen in Behandlung

Das VKh.NRW weitet Stück für Stück sein Beratungsangebot aus. So hat es in den vergangenen Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung des Gesundheitssystems geleistet. Bereits seit März 2020 bietet das VKh.NRW Beratung und Behandlung sowie den digitalen fachlichen Austausch zwischen Ärztinnen und Ärzten etwa zur Versorgung schwer an Covid-19 erkrankter Patientinnen und Patienten an. Nachdem auch die Behandlung schwerster Herzerkrankungen vor wenigen Wochen in das Behandlungsspektrum aufgenommen wurde, profitieren nun auch Patientinnen und Patienten mit Lebertumoren und Seltenen Erkrankungen von den Angeboten der Telemedizin.

Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann erklärt dazu: „Ob man in der Stadt oder auf dem Land lebt, darf nicht über den Zugang zur Spitzenmedizin entscheiden. Das Virtuelle Krankenhaus überwindet diese Hürden und stellt Expertenwissen überall im Land gleichermaßen zur Verfügung. Für Patientinnen und Patienten mit Seltenen Erkrankungen freut es mich ganz besonders, dass wir ihre Versorgung mit dem Virtuellen Krankenhaus unterstützen können. So wollen wir den oftmals langen Weg der Betroffenen von der Diagnose bis zur passenden Behandlung verkürzen und erleichtern und die Versorgung entscheidend verbessern.“

Welche Einrichtungen jetzt auch mitarbeiten

Nun steht den Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen auch das Wissen von Expertenzentren für Lebertumore und Seltene Erkrankungen zur Verfügung. Erste Zentren, die ihre Expertise zur Verfügung stellen, sind die

  • Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie an der Uniklinik RWTH Aachen für Lebertumore sowie
  • die Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Münster und
  • am Katholischen Klinikum Bochum für Seltene Erkrankungen.

„Die interdisziplinäre und gemeinsame konsiliarische Diskussion über Patientinnen und Patienten mit Lebertumoren in einem spezialisierten Zentrum ermöglicht eine zeitnahe multimodale Therapie mit verbesserten onkologischen Ergebnissen. Mit dem Virtuellen Krankenhaus soll genau diese Zentrums-Expertise in der Indikation Lebertumore digital und flächendeckend für Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt werden“, bestätigt Prof. Dr. med. Ulf Neumann, Klinikdirektor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie an der Uniklinik RWTH Aachen.
 
Prof. Dr. med. Frank Rutsch, stellvertretender Sprecher und Patientenlotse des Centrums für Seltene Erkrankungen der Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Münster, ergänzt: „Wir freuen uns, dass wir das Beratungsangebot des Centrums für seltene Erkrankungen Münster mit der Teilnahme am Virtuellen Krankenhaus erweitern können. Bei über 6.000 bekannten seltenen Erkrankungen braucht es das gebündelte universitäre Expertenwissen, das wir gerne weitergeben.“

Netzwerk des Virtuellen Krankenhauses wächst – auch in den ambulanten Bereich

Das Netzwerk der Krankenhäuser, die sich an der digitalen Plattform beteiligen, wächst stetig. Inzwischen sind mit mehr als 150 Krankenhäusern – also mit mehr als jeder dritten Klinik im Land – Nutzungsverträge mit dem VKh.NRW geschlossen worden. Auch die Anbindung erster Einrichtungen aus der ambulanten Versorgung ist geplant.

Weil regelhafte Finanzierungsformen noch fehlen, springt das Land ein und fördert das Virtuelle Krankenhaus mit insgesamt rund 11,5 Millionen Euro. Im Rahmen der pandemiebedingten Vorstufe sind bereits nahezu 3.800 telemedizinische Beratungsleistungen durchgeführt worden.

Weitere Expertenzentren sollen in Kürze in die Beratung einsteigen.