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Mit Erneuerbaren zu einer umfassenden Energiewende

Tobias Kurth, Energiemarktexperte, im Gespräch mit Werner Kiefer

Dekarbonisierung, Dezentralisierung, Digitalisierung: Mit diesen drei Schlagworten umreißt Tobias Kurth die Perspektiven des Energiemarkts.

Wie funktioniert der Energiemarkt? Wie lässt er sich transformieren? Fragen wie diese beschäftigten den studierten Wirtschaftsingenieur Tobias Kurth während seiner Arbeit in der Solarbranche zunehmend. Der Energiemarktexperte hatte Solarstrom vertrieben, Strategien für seine Vermarktung entwickelt und Infrastrukturprojekte zur Netzeinspeisung konzipiert, bevor ihn seine Faszination für die Herausforderungen der Energiewende schließlich zum Berliner Analyse- und Beratungsunternehmen «Energy Brainpool» brachte.

 

Herr Kurth, wie steht es derzeit um den Klimaschutz in Deutschland? Die Ziele für 2020 werden nicht erreicht, jetzt blicken alle auf 2030.

Tobias Kurth am Tisch sitzend, zuhörend, die Hände auf dem Tisch
Foto: Monika Keiler

Wenn man ambitionierter wäre, könnten die Ziele wahrscheinlich noch erreicht werden. Mittlerweile hat man den Eindruck, dass es eine Rolle rückwärts gibt – aber ich bleibe trotzdem relativ gelassen. Wir sehen, dass grüne Technologien mehr und mehr gewinnen, weil sie einfach ökonomischer sind. Das sieht man zum Beispiel in Texas: Dort sind die Menschen eher konservativ und errichten weiter konventionelle Kraftwerke – aber dennoch bauen sie die Windenergie aus wie verrückt. Warum? Weil es sich lohnt!

Bisher ging es bei der Energiewende lediglich um Strom. Welche Rolle spielen Wärme und Verkehr?

Genau genommen ist die Energiewende, wie wir sie kennen, keine Energiewende, sondern eine Stromwende. Schauen wir uns den Gesamtenergiebedarf an: Da werden 50 Prozent für Wärme, ungefähr 30 Prozent für Mobilität und nur 20 Prozent für Strom benötigt.

Weshalb haben wir mit dem kleinsten Teil angefangen?

Berechtigte Frage – aber eigentlich lautet die Frage: Wie wollen wir die Energiewende erreichen? Doch nur, wenn wir emissionsarme Primärenergieträger haben. Daher war es vernünftig, mit der Stromwende zu beginnen. Heute sehen wir, dass gerade dort die Kosten gesunken sind. Strom aus Wind- und Photovoltaikanlagen sind die günstigsten Energiearten und werden andere Energieträger wie Öl und Gas verdrängen.

Die komplette Elektrifizierung der Energiebereiche führt zu einem radikalen Paradigmenwechsel.

Tobias Kurth, Wirtschaftsingenieur

War es also richtig, zunächst auf die Stromwende zu setzen?

Ja, denn erst jetzt können wir auch in anderen Energiebereichen fossile Energieträger durch Strom ersetzen. Das wird oft mit dem Begriff «Sektorenkopplung» bezeichnet, ein vielleicht wenig greifbares Wort. Aber es bedeutet im Grunde die komplette Elektrifizierung aller Energiebereiche. Das führt zu einem radikalen Paradigmenwechsel.

Wärme und Verkehr sollen komplett elektrifiziert werden?

Genau, aber Elektrifizierung bedeutet für mich auch, dass erneuerbare Kraftstoffe eine Rolle spielen. Wenn wir von der Reichweite sprechen, also beispielsweise in der Schifffahrt oder beim Flugverkehr, da werden wir mit Batterien nicht weit kommen und sicherlich über erneuerbare Kraftstoffe reden müssen, sei es Wasserstoff, synthetisches Methan oder eine andere Lösung. Auch bei der Wärme wird es so sein. Wir werden, wie auch im Bereich Mobilität, Energie aus Sonne und Wind herstellen und den Strom in verschiedene Trägermaterialien wie künstliches Methan umwandeln.

Und welche Veränderungen bringt das mit sich?

Wenn ausreichend Solaranlagen und Windanlagen installiert sind, müssen wir deren Energie so sinnvoll miteinander koppeln, dass es tatsächlich möglich ist, sie entweder direkt zu nutzen, sie einzuspeichern oder umzuwandeln, damit sie später, wenn ich sie brauche, für Wärme oder Mobilität als Energie zur Verfügung steht. Da sehe ich den großen Wandel: Früher hatten wir ein paar große Kraftwerke, die zentral standen und je nach Energiebedarf rauf- und runtergefahren wurden. Das wurde dann über das Netz zum Verbraucher verteilt.

Jetzt stehen viele kleine, über das ganze Land verteilte Anlagen, die Energie erzeugen.

Und die produzieren auch, wenn ich die Energie gar nicht benötige. Das muss jetzt alles gemanagt werden. Wir nennen das «Energiemarkt 3D»: Dekarbonisierung, Dezentralisierung, Digitalisierung. Wir wollen eine Dekarbonisierung. Dazu brauchen wir Erneuerbare, das führt zur Dezentralisierung. Weil die Anlagen viel kleinteiliger sind und weil die Produktion nicht mehr der Nachfrage, sondern dem Wetter folgt, habe ich jetzt viel mehr Dinge, die zusammenzubringen sind. Ich muss viele kleine Produktionsanlagen für Wärme, Strom und Mobilität so steuern, dass immer genügend Energie da ist, die Versorgungssicherheit also jederzeit erhalten bleibt. Das führt uns zum dritten D: Digitalisierung. Die benötigen wir, um die vielen Informationen abgleichen und verarbeiten zu können.

Vielleicht plant bald ein Algorithmus, wann es sinnvoll ist, mein Elektroauto zu laden.

Tobias Kurth, Energy Brainpool

Früher wurde von der Leitwarte aus gesteuert. Wie funktioniert das zukünftig mit einer Vielzahl kleiner Produktionsanlagen?

Diese Masse an Daten kann man nicht ohne Digitalisierung bearbeiten. Die Daten müssen untereinander und mit den Verbrauchsanlagen abgeglichen werden, damit die Energie möglichst effizient genutzt wird. Wir hatten in Deutschland mal, wenn es hochkommt, 300 Kraftwerke. Es sind schon heute mehr als 1,5 Millionen Anlagen, die Energie produzieren. Da wird es immer wichtiger, die Information auch schnell zu verarbeiten. Die Digitalisierung wird zudem in vielen Bereichen dazu führen, dass wir Dinge dann nutzen, wenn sie verfügbar sind. Vielleicht plant bald ein Algorithmus, wann es sinnvoll ist, mein Elektroauto zu laden – oder ob ich den Strom aus meiner Solaranlage aktuell besser verbrauche oder speichere.

Wer steuert das? Der Algorithmus oder ich?

Ich glaube nicht an den Verbraucher, der strompreisorientiert seine Geräte steuert. Wenn überhaupt, dann sollte das im Hintergrund geschehen. Ich will mich mit dem Maschinenraum meines Lebens, so nenne ich das mal, so wenig wie möglich beschäftigen: Strom für Licht und die Haushaltsgeräte ist da, es ist warm, Telefon und Internet stehen bereit. Mich persönlich macht es schon wahnsinnig, wenn das WLAN nicht funktioniert. Ich glaube darum nicht, dass ich meine Waschmaschine nach dem Strompreis digital steuern lassen möchte. Ich werde sie weiterhin dann nutzen, wenn ich Zeit habe, meine Hemden aufzuhängen. Aber wenn ich zum Beispiel ein Fahrzeug mit anderen teilen will, dann ergibt es durchaus Sinn, wenn ein Algorithmus das optimiert.

Dazu müssen riesige Datenmengen hin- und hergeschickt werden. Wie steht es hier um die Datensicherheit?

Datenschutz ist ein drängendes Thema, auch für mich persönlich. Ich hätte gerne zu Hause eine Sprachsteuerung – aber nur, wenn mir ein Anbieter eine lokale Lösung anbietet, die sicherstellt, dass alle Daten in meiner Wohnung bleiben. Aber das Problem existiert ja bereits! Wir haben unser Handy immer dabei, es sammelt ständig Daten. Wenn du das nicht deaktivierst, stellst du die gesamten Daten sowieso zur Verfügung. Auch Autos sammeln heute bereits viele Daten über dein Fahrverhalten. Die Aufgabe ist also: Daten müssen ordentlich geschützt werden!

 

Tobias Kurth im Gespräch, gestikulierend
Foto: Monika Keiler

 

Der Begriff «Smart City» ist ja in aller Munde. Was bedeutet Digitalisierung in diesem Zusammenhang?

Es meint die Nutzung digitaler Technik, um die Infrastruktur einer Stadt, also Gebäude, Mobilität, Sicherheit und so weiter, effizienter zu gestalten. Das kann bedeuten, dass ich den Energieverbrauch in Gebäuden durch selbstlernende Algorithmen besser manage, dass ich den Verkehrsfluss messe, analysiere und dann entsprechende Steuerungssysteme optimiere. Ich bin, ehrlich gesagt, kein Riesenfan von den ganzen «Smart-Irgendwas». Für mich schlägt das eher den Bogen zum Thema Effizienz. Wir brauchen eine effiziente Struktur – aber nicht alles, was smart ist, ist auch effizient.

Aber beim Verkehr in den Städten wird smarte Technik doch sicherlich eine wichtige Rolle spielen?

Zunächst könnte man digitale Technik nutzen, um Verkehrsleitsysteme zu verbessern und das bestehende Verkehrsaufkommen besser zu verteilen. Der nächste Schritt wäre, dass die Fahrzeuge unser Verhalten als individuelle Verkehrsteilnehmer optimieren. Die Fahrzeuge sammeln immer mehr Daten aus dem Verkehr und beginnen, selbstständig darauf zu reagieren. Wenn diese technischen Fahrparameter zum Beispiel helfen, Staus zu vermeiden oder das Reißverschlusssystem besser umzusetzen, kann das eine entsprechende smarte Lösung sein. Aber eigentlich denken wir viel weiter; der Ansatz von Enrique Peñalosa, dem ehemaligen Oberbürgermeister von Bogotá, gefällt mir da sehr.

Eine fortschrittliche Stadt ist nicht eine, in der die Armen Auto fahren, sondern eine, in der die Reichen öffentliche Verkehrsmittel benutzen.

Enrique Peñalosa, ehemaliger Oberbürgermeister der Hauptstadt Kolumbiens

Ich würde es so sagen: Eine smarte, kluge Stadt erkennt man daran, dass Mobilität nicht mehr individuell, sondern gemeinschaftlich stattfindet. Wir müssen den Service Mobilität klüger und besser zur Verfügung stellen, Nahverkehr und private Mobilität besser miteinander verbinden. Ich lebe in Berlin und besitze seit fast 20 Jahren kein Auto. Stattdessen nutze ich öffentliche Verkehrsmittel und das Fahrrad, aber es gibt eben auch Beschränkungen. Smarte Technologien können uns da helfen. Ein großer Teil der privaten Mobilität findet im Nahbereich bis maximal 30 Kilometer täglich statt; das ließe sich problemlos elektrisch lösen. Aber weil ein Elektromotor sehr viel weniger Verschleißteile hat als ein Verbrennungsmotor, wird Elektromobilität erst dann wirtschaftlich interessant, wenn ich sie oft nutze. Deswegen sind Sharing-Modelle in diesem Zusammenhang so attraktiv.

Werden das die Menschen annehmen? Das Auto gehört doch für viele per se zum Besitzstand des Einzelnen.

Man muss sich bewusst machen, was man da gewinnt. Der Besitz eines Fahrzeuges verspricht zunächst unbegrenzte Mobilität. Wenn mir das auch garantiert wird, ohne dass ich ein Auto besitzen muss, bin ich doch von vielen Dingen, ich nenne die «Kümmerkram», den ich rund um ein Fahrzeug habe, befreit: wie TÜV, Werkstattbesuche oder Reifenwechsel.

Wie sieht es denn in kleinen Städten und auf dem Land aus? Wie will man Familien, die teils ja mehrere Autos besitzen, zu solch einer Veränderung bewegen?

Im ländlichen Raum kann die Entwicklung länger dauern, weil dort der Bedarf an einem eigenen Fahrzeug tatsächlich größer ist als in der Stadt. Und natürlich sind viele der Konzepte, die wir heute in der Stadt sehen, nicht eins zu eins aufs Land übertragbar. Denn dieses geteilte Nutzen verlangt eine gewisse Auslastung, um sicherzustellen, dass immer Fahrzeuge da sind, wo sie gebraucht werden. Das ist auf dem Land ungleich schwieriger. Dennoch sehen wir dort erste vielversprechende Projekte: Es gibt Sharing-Anbieter, die nur im ländlichen Raum aktiv sind, sie stellen zum Beispiel örtlichen Unternehmen E-Roller zur Verfügung, die diese wiederum den Mitarbeitern anbieten. Das wird sehr gut angenommen.

Ist das Ziel, die bestehenden Fahrzeuge zügig durch Elektroautos zu ersetzen?

Ich bin nicht der Ansicht, dass wir in den nächsten zwanzig Jahren alle Autos, die heute mit Verbrennungsmotoren unterwegs sind, durch Elektroautos ersetzen sollten. Dann hätten wir etwas falsch gemacht, weil wir immer noch zu viele Fahrzeuge hätten. 80 Prozent der Zeit stehen Autos rum, eigentlich sind es ja «Stehfahrzeuge», die gelegentlich bewegt werden. Wenn wir bloß ersetzen, fände immer noch keine effiziente Nutzung statt. Wir würden weiterhin Geld und Ressourcen verschwenden.

Wie sollte die Verkehrswende denn idealerweise ablaufen?

Wir sollten stufenweise vorankommen: als erstes mehr Hybridfahrzeuge, da Elektromobilität auf längeren Strecken bis auf Weiteres nicht die Antwort ist. Dann sollte flächendeckend Elektromobilität für die Mobilität im Nahbereich vorhanden sein. Für weitere Strecken bliebe der Verbrennungsmotor – vielleicht irgendwann mit erneuerbaren Kraftstoffen.

Gilt das auch für den ländlichen Raum?

Dafür benötigen wir zusätzliche Konzepte. Beispiel «Ridesharing»: Ich teile mir mit anderen Fahrgästen ein Fahrzeug, ein Mix aus Taxi und Bus. Da spielt die digitale Technik eine wichtige Rolle, sie kann berechnen, optimieren und letztendlich dem Nutzer anbieten, welches Fahrzeug ihn besonders bequem, günstig oder eben besonders schnell von A nach B bringt. Das werden wir im ländlichen Raum als Erstes sehen. Ziel muss dabei sein, die starren Konzepte des öffentlichen Nahverkehrs mit solch geteilten Konzepten zu ergänzen.

 

Tobias Kurth im Hemd vor Whiteboard
Foto: Monika Keiler

 

Zurück zur Sektorenkopplung: Wie könnte die Kombination von Stromerzeugung und Mobilität auf dem Land aussehen?

Wir sehen gerade in Süddeutschland sehr viele PV-Anlagen auf den eigenen Dächern. Das heißt, ich erzeuge vor Ort meine CO2-freie, saubere Energie und schiebe sie ins Netz. Aber in den letzten Jahren wurde die Energie auch zunehmend selbst genutzt. Dann wurde der Strom aus der eigenen PV-Anlage billiger als der aus dem Netz. Aber nur tagsüber wird der Strom produziert, abends und nachts muss man ihn aus dem Netz holen. Daher werden heute immer mehr Batteriespeichersysteme eingebaut. Wenn ich in meiner Garage jetzt auch ein Elektroauto stehen habe, gewinne ich damit Flexibilität, die technisch auch für den Netzbetreiber sehr spannend ist.

Inwiefern?

Man löst das Problem, dass in einer Region sehr viel Solarstrom produziert wird, der dort tagsüber gar nicht verbraucht wird, und dass Netze ausgebaut werden müssen, um ihn dorthin zu bringen, wo er benötigt wird. Jetzt kann man den Strom auch unabhängig vom Verbrauch selbst aufnehmen. Gelöst ist dann auch, wo ich mein Elektroauto lade. Wenn ich jetzt noch feststelle, ich nutze das Auto so wenig, dass ich es anderen zur Nutzung anbieten könnte – dazu brauche ich dann wieder Digitalisierung. Vielleicht ergibt es gerade im ländlichen Raum Sinn, direkte nachbarschaftliche Nutzung anzuregen. Das hat dort, so glaube ich, ein höheres Durchsetzungspotenzial als in der Stadt, denn man kennt sich ja, man vertraut sich.

Verteilung und Austausch werden einen Netzausbau nötig machen.

Tobias Kurth, Energy Brainpool

Wenn der Strom jetzt auf dem Land effizient genutzt wird, woher bekommen dann die Städter ihren Strom?

Ich meine nicht, dass wir in Europa zukünftig überall kleine, sich selbst versorgende Regionen haben sollten. Für mich spricht vieles dafür, dass wir Produktion und Verbrauch lokal so weit optimieren wie möglich. Gleichzeitig müssen wir aber auch sicherstellen, dass die Verteilung funktioniert und ein deutschlandweiter, am besten europaweiter Austausch garantiert wird. Das wird einen Netzausbau nötig machen. Gerade beim Wind ist das wichtig, damit wir eine durchziehende Windfront überall abgreifen können und nicht nur lokal. Das bedeutet natürlich auch, dass in Regionen, in denen weniger Menschen leben, Energie erzeugt wird, um sie in die Städte zu bringen.

Was wird aus den kleinen, regionalen Energieversorgern in einem sektorengekoppelten Energiemarkt?

Ich glaube, dass heute die Stadtwerke hier in einer hervorragenden Position sind – wenn sie in der Lage sind, die neuen Konzepte zu erkennen und auch umzusetzen: Sie sind vor Ort, haben die Nähe zum Kunden und betreiben die letzte Meile, also die letzten paar Meter bis zum Verbraucher. Stadtwerke und kommunale Energieversorger sind schon immer Unternehmen gewesen, die den Bürgerinnen und Bürgern die Daseinsversorgung zur Verfügung gestellt haben …

… also Schwimmbäder, Mobilität, Strom und Gas …

Ja, und wenn die Stadtwerke diese Chance nutzen, und auch die Effizienzgewinne, die darin stecken können, dann sind sie nach wie vor für die Umsetzung der Energiewende vor Ort prädestiniert. Und wenn es ihnen dann noch gelingt, dies als Partizipationsprinzip, zum Beispiel im Rahmen einer Genossenschaft, umzusetzen, dann macht sie das umso attraktiver – weil es auch dem Wunsch nach Beteiligung Rechnung trägt.

Blicken wir nach vorne: Was wird bis 2030 kommen?

Ich bin sicher, dass autonomes Fahren eine große Rolle spielen wird, allerdings noch nicht flächendeckend. Der ländliche Raum wird boomen, weil sich die Frage, wo ich lebe und arbeite, ganz anders stellt. Wo immer mehr digital gearbeitet wird, besteht kein Grund mehr, jeden Tag im Büro zu sitzen. Es gibt daher viel mehr Heimarbeitsplätze. Bis dahin werden auch sehr viele eine PV-Anlage installiert haben, sicherlich in Kombination mit einem Speichersystem. Neue Fahrzeuge werden elektrisch oder zumindest hybrid sein, weil sie mit fallenden Kosten für Batteriespeicher attraktiver geworden sind. Wir werden weniger Autos sehen, weil es genügend andere Mobilitätsangebote geben wird.

Und wird das dem Klimaschutz wirklich helfen können?

Ja, das wird es. Weil wir weniger Energie verbrauchen werden, weil wir weniger Mobilität brauchen und weil wir die Energie aus erneuerbaren Energiequellen herstellen. Davon bin ich fest überzeugt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann uns das gelingt. Die Klimaschutzziele machen eine sehr schnelle Umsetzung notwendig, wir brauchen aber Unterstützung vom Staat, um sie zu erreichen. Wenn wir uns Zeit lassen, gefährden wir unsere Klimaschutzziele. Aber kommen wird es so oder so.

 

Porträtfoto von Tobias Kurth in Park

Tobias Kurth

1975 geboren, ist studierter Wirtschaftsingenieur mit Schwerpunkt Umwelttechnik und einer der Geschäftsführer von «Energy Brainpool» in Berlin.

Das unabhängige Unternehmen versorgt Akteure der Energiewirtschaft mit wissenschaftlichen Analysen und Studien, um Fakten für eine fundierte Entscheidungsfindung bereitzustellen. Zudem berät das Unternehmen eine große Bandbreite von Agierenden, die sich mit Fragen der europäischen Energiemärkte auseinandersetzen: von Stadtwerken über erneuerbare Energiefirmen, Hersteller, Kommunikations- und Mobilitätsunternehmen bis hin zu Investoren, Banken und Ministerien.

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11. April 2019 | Energiewende-Magazin