Kriminalitätsstatistik 2018 NRW ist so sicher wie zuletzt vor fast 30 Jahren

Düsseldorf · Das Leben in Nordrhein-Westfalen ist offenbar so sicher wie zuletzt im Jahr 1991. Das geht aus der Kriminalitätsstatistik des Innenministeriums hervor. Zwar sank die Zahl der Straftaten 2018, doch es gab mehr Morde.

Das waren die häufigsten Straftaten in NRW 2018
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Foto: dpa/Friso Gentsch

„Unsere Null-Toleranz-Politik, auch gegen Bagatelldelikte, spielt eine Rolle für das gute Ergebnis“, erklärte Reul. Es gebe aber noch einen weiteren, sehr wichtigen Grund, für den die Landesregierung nichts könne. „Die Schließung der Balkanroute“, sagte er. „Ich wette, dass das eine Rolle spielt.“ Quantifizieren könne er das allerdings nicht.

Demnach ist das Leben in NRW im vergangenen Jahr deutlich sicherer geworden. Die Zahl der Straftaten sank im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent auf rund 1,3 Millionen. Und mehr als die Hälfte der Straftaten ist von der Polizei aufgeklärt worden - so viel wie noch nie in der Geschichte des Landes.

Besonders stark sank die Zahl der Wohnungseinbrüche. Sie ging um fast ein Viertel von rund 39.000 auf 29.000 zurück. Vor drei Jahren waren es noch 62.000 gewesen. Offenbar fällt es den Tätern auch immer schwerer, in die Wohnungen zu gelangen - bei rund der Hälfte der Fälle blieb es beim Versuch. Auch die Aufklärungsquote war mit 17 Prozent so gut wie noch nie bei Einbruchsdelikten. „Die Häuser sind viel besser gesichert als noch vor ein paar Jahren“, sagte Kriminaldirektor Dieter Schürmann. Michael Mertens, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, betonte, dass die hohe Aufklärungsquote auch dank verstärkter Hinweise aus der Bevölkerung zustande gekommen sei. „In NRW genießt die Polizei ein hohes ansehen. Die Bürger wenden sich daher sehr häufig an sie“, sagte Mertens.

Außerdem gab es auch weniger Diebstähle. Die Zahl sank von rund 550.000 auf 499.000. Speziell für Diebstähle und Einbrüche sind häufig Banden aus Südosteuropa verantwortlich. „Durch die Schließung der Balkanroute haben es diese Gruppierungen nun deutlich schwieriger, ungehindert ihre Taten zu begehen“, so Schürmann. In Köln und Leverkusen werden allerdings immer häufiger ältere Menschen Opfer von Trickbetrügern: Im Jahr 2018 verloren Senioren auf diese Weise insgesamt 1,7 Millionen Euro.

Auch die Gewaltkriminalität ging um vier Prozent auf rund 46.600 Fälle zurück – so wenig wie seit 17 Jahren. Allerdings stieg die Zahl der Morde und Mordversuche von 113 auf 140. Schürmann relativierte jedoch: „Da gehören auch Fälle zu, die schon weit zurückliegen, aber erst im vergangenen Jahr aufgeklärt worden sind.“

Es gibt aber nicht nur Grund zur Freude. Sorge bereitet den Sicherheitsbehörden eigenen Angaben zufolge die hohe Anzahl ausländischer Tatverdächtiger, die ein Drittel ausmacht. „Von den insgesamt rund 455.000 Tatverdächtigen haben rund 155.000 keinen deutschen Pass. Das darf man nicht unter den Teppich kehren. Die Wahrheit ist nun mal so. Auch wenn sie nicht schön ist“, sagte Reul. Von den 155.000 ausländischen Tatverdächtigen sind laut Kriminalitätsstatistik rund 38.800 Zuwanderer. Sie würden vor allem Gewalttaten begehen.

Zugenommen haben Sexualdelikte und Fälle von Kindesmissbrauch. „Da gibt es so viel Schlimmes, das man eigentlich gar nicht wissen will“, sagte der Innenminister. Dabei stieg die Zahl um 9,2 Prozent auf rund 14.000 Fälle. Die Entwicklung sei besorgniserregend, betonte Reul. Er wies aber darauf hin, dass in dieser Gesamtzahl auch sexuelle Übergriffe wie Anfassen und sexuelle Beleidigungen mit enthalten seien, die zuvor nicht als Straftatbestand gewertet wurden.

Die Zahl der Vergewaltigungen verringerte sich von 2138 Fällen in 2017 um 16,5 Prozent auf 1723 Fälle. 83,5 Prozent aller Vergewaltigungsfälle im vergangenen Jahr wurden aufgeklärt, so der Minister.

Trotz des Rückgangs an Straftaten fühlt sich die Bevölkerung in NRW Umfragen zufolge nicht sicher. Das weiß auch Reul. Er sagt, dass sich diese falsche Wahrnehmung nur langfristig ändern ließe. „Wir müssen kontinuierlich alle Zahlen offenlegen – in guten wie in schlechten Zeiten“, sagt er. „Nur so können wir die Glaubwürdigkeit zurückgewinnen – mit Ehrlichkeit und Transparenz.“

Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) machte darauf Aufmerksam, dass in der Kriminalitätsstatistik nur die Straftaten aufgeführt werden, die bekannt geworden sind. „Das Dunkelfeld bleibt damit buchstäblich im „Dunkeln“. Wir benötigen daher in NRW eine empirische Studie zum Dunkelfeld“, sagte Erich Rettinghaus.

(csh)
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