Politik und Posten im Kreihaus Neuss SPD ärgert sich, weil ihr Dezernent verlängert

Rhein Kreis · Politikpoker im Kreishaus: Karsten Mankowsky (SPD) bleibt über die Altersgrenze hinaus. Seine Partei hätte lieber jetzt einen Nachfolger installiert.

 Karsten Mankowsky (65) bleibt bis Sommer 2022 beim Kreis.

Karsten Mankowsky (65) bleibt bis Sommer 2022 beim Kreis.

Foto: Rhein-Kreis Neuss

Was unaufgeregt klingt, birgt politischen Sprengstoff. Die Öffentlichkeit erreicht eine Personalnotiz aus dem politischen Alltag: Umweltdezernent Karsten Mankowsky (65) verlängert auf eigenen Wunsch seine Dienstzeit auf der Chefetage im Kreishaus um bis zu drei Jahre bis Juli 2022. Der Landrat und die schwarz-gelb geführte Mehrheit im Kreistag folgte dem Ansinnen des SPD-Mannes. Doch was da als nüchterne Nachricht daher kommt, ist in Wahrheit das Ergebnis eines Politschachs für Fortgeschrittene. Beleg: Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion schäumen, allen voran ihr Vorsitzender Rainer Thiel. Sie nahmen an der Abstimmung über die Amtszeitverlängerung ihres Parteifreundes nicht teil.

Die Genossen hätten es gern gesehen, wenn Mankowsky mit Erreichen der Pensionsgrenze in diesem Sommer ausgeschieden wäre. Dann, so ihre Auffassung, hätte die SPD eine junge Persönlichkeit nach ihrem Gusto für die Nachfolge vorschlagen können. Das sei ihr von CDU und FDP zugestanden worden, weil die Sozialdemokraten 2016 mit der Wahl von FDP-Chef Bijan Djir-Sarai zum IT-Dezernenten des Kreises in Vorleistung getreten sei.

Längst sitzt Djir-Sarai im Bundestag und im Kreistag fühlen sich Thiel & Co. als Verlierer des Deals. Ihre Sorge: Wenn 2022, also nach der Kreistagswahl 2020, ein Nachfolger für Mankowsky gewählt wird, könnten sich die Mehrheitsverhältnisse derart verschoben haben, dass die Absprache zur Djir-Sarai-Bestellung nichts mehr wert ist. Mit der Wahl eines SPD-Vorschlags noch in dieser Kreistagsperiode wären die Sozialdemokraten auf der sicheren Seite und das auf viele Jahre: Kreisdezernenten müssen sich nämlich im Unterschied zu städtischen Beigeordneten nicht alle acht Jahre einer Wiederwahl stellen.

Wählst du meinen Kandidaten, wähle ich deinen Bewerber – diese Absprache unter den großen Fraktionen in Koalition und Opposition sind (nicht nur) auf lokaler Ebene üblich. Es macht auch Sinn, dass eine wie knapp auch immer ausgefallene Mehrheit nicht alle Posten in der öffentlichen Verwaltung mit Bewerbern aus ihrem Einflussbereich besetzt, sondern auch der Opposition ein Vorschlagsrecht einräumt. So kann die Kommunikation zwischen den Fraktionen und der Chefetage in den Verwaltungen besser funktionieren. Im Neusser Rathaus wurden auf CDU-Ticket Frank Gensler, Christoph Hölters, Ralf Hörsken und Christiane Zangs zu Beigeordneten gewählt; Matthias Welpmann ist ein Vorschlag der Grünen, Holger Lachmann hat ein SPD-Parteibuch.

Aber genau diese Farbenlehre bei der Auswahl der Beigeordneten oder Dezernenten ist es, die mit Blick auf Karsten Mankowsky die SPD nervös macht. Eine Oppositionsfraktion – und eine andere Rolle hatte die SPD im Kreistag noch nie – hat naturgemäß nicht viele Posten und Pöstchen zu verteilen. Auf einem Dezernenten-Stuhl können junge Talente reifen und sich für höhere Aufgaben empfehlen. Gut möglich, dass die Kreis-SPD genau so eine Karriereplanung durch Mankowsky und die CDU/FDP-Mehrheit verbaut sieht. Das würde die überraschend große Aufregung erklären.

Vorteil CDU, die seit 70 Jahren der Kreispolitik ihren Stempel aufdrückt. Vermutlich wird sich auch nach der Kreistagswahl 2020 keine Mehrheit jenseits der Union organisieren lassen. Wenn das so kommen sollte, ist die Nachfolge-Regelung für Karsten Mankowsky ein Trumpf in CDU-Hand: Sie kann, wie weiland zugebilligt, der SPD das Vorschlagsrecht einräumen. Sie kann aber auch eine zweite Option ziehen: Der Dezernentenposten wird in Koalitionsverhandlungen mit FDP oder den Bündnisgrünen zum Angebot. Landrat und die CDU-Fraktionsspitze gehen schon jetzt auffallend zuvorkommend mit den Grünen-Frontleuten Erhard Demmer, Susanne Stephan-Gellrich und Hans Christian Markert um – und umgekehrt.

Von den Gedankenspielen zu den Fakten: Das Beamtenrecht ermöglicht eine dreijährige Amtszeit-Verlängerung. Die Kreisverwaltung sichert sich so Kompetenz und Erfahrung von Karsten Mankowsky und anderen. Also bleibt der Umweltdezernent bis Sommer 2022. Dann wird er 30 Jahre im Dienst des Rhein-Kreis Neuss stehen. Im Dezember 1992 wechselte er als junger Regierungsdirektor von der NRW-Staatskanzlei ins Kreishaus. Dafür gab er sein Mandat als Kreistagsabgeordneter auf; zuvor war er schon SPD-Chef in Neuss gewesen.

Er mache mit Begeisterung weiter, sagt Mankowsky, das Arbeitsklima im Kreishaus sei kollegial-konstruktiv: „Ich bin gesund und voller Tatendrang.“ Er wolle helfen, wichtige Projekte erfolgreich zu Ende zu bringen. Als Stichworte nennt er den Autobahn-Anschluss Delrath, die Abfallwirtschaft und den Gesundheitsbereich. Mankowsky spricht von Freude an der Arbeit und vom Beamtenrecht. Politisch motivierten Personalpoker kommentiert er nicht. Seine Zeit als Politiker liege weit zurück. Um die Dienstzeit-Verlängerung hat er gebeten und sie wurde angenommen. Für ihn ein formaler Vorgang ohne Seltenheitswert. Aufgeregt sind andere.

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