Strukturmittel für ambulante Versorgung Grevenbroich ist jetzt Ärzte-Fördergebiet

Grevenbroich · Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein hat Grevenbroich mit Jüchen und Rommerskirchen in ihren Strukturfonds aufgenommen. Ziel ist es, mit Hilfe von Fördergeldern die ambulante Versorgung perspektivisch sicherzustellen.

 Arzt Hausarzt Medizin Themenfoto

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Die Lage ist nach Einschätzung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein nicht dramatisch. Im sogenannten Mittelbereich Grevenbroich, zu dem auch die Stadt Jüchen und die Gemeinde Rommerskirchen zählen, sind derzeit etwa 60 Hausärzte zugelassen. „Was die Zahlen anbelangt, sind wir dort noch im grünen Bereich“, sagt KV-Sprecher Christopher Schneider. „Der Versorgungsgrad liegt bei rund 100 Prozent.“

Dennoch hat die Kassenärztliche Vereinigung die drei Kommunen erstmals auf die Liste ihrer Fördergebiete im Rheinland gesetzt. Bedeutet: Sie stellt bis zu 70.000 Euro für die Neugründung oder Übernahme einer hausärztlichen Praxis bereit, ebenso für die Anstellung von Hausärzten. Auch die Eröffnung einer Zweigpraxis kann in bestimmten Fällen mit bis zu 10.000 Euro gefördert werden. Mit Hilfe dieses Strukturfonds soll insbesondere jungen Ärzten die Lust aufs Land erleichtert werden.

Ausschlaggebend für die Wahl der Fördergebiete ist eine Analyse der aktuellen Versorgungsgrade, der Altersstruktur der vor Ort tätigen Hausärzte sowie der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung. „Im Mittelbereich Grevenbroich liegt das Durchschnittsalter der Hausärzte bei 54 Jahren“, sagt Schneider. Die Aufnahme in die Förderliste sei daher perspektivisch ausgelegt, also mit Blick in die Zukunft. „Ziel ist es, den Status quo in diesem Gebiet zu erhalten, es soll sich nichts verschlechtern“, so der KV-Sprecher.

 Ein Blick auf die Förderregionen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein: Grevenbroich, Jüchen und Rommerskirchen sind erstmals in den Strukturfonds aufgenommen worden.

Ein Blick auf die Förderregionen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein: Grevenbroich, Jüchen und Rommerskirchen sind erstmals in den Strukturfonds aufgenommen worden.

Foto: KKV Nordrhein

Wer an dem Ende 2018 gestarteten Programm teilnimmt, muss sich verpflichten, mindestens fünf Jahre am Ort tätig zu sein. „39 Ärztinnen und Ärzte wurden bereits finanziell von der KV Nordrhein gefördert, um den Einstieg in die ambulante Tätigkeit zu erleichtern“, betont Christopher Schneider. Das sei ein gutes Ergebnis. Insgesamt beläuft sich das Volumen der bewilligten Förderungen auf etwa zwei Millionen Euro.

Die ambulante Versorgung brauche dringend Nachwuchs, das gelte nicht nur für Haus-, sondern auch für Fachärzte, sagt der KV-Sprecher. Das Problem: „Viele junge Ärzte zieht es nach der Uni in die Ballungszentren – oder in die Kliniken. Sie können sich aussuchen, wo sie tätig werden wollen.“ Grevenbroich und Umgebung sieht Schneider hier ein wenig im Vorteil, gerade wegen der Nähe zu den Großstädten.

Ein großes Plus sei insbesondere der zentrale Notdienst, der in Grevenbroich, Jüchen und Rommerskirchen eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung sicherstelle. „Und zwar mit einem stattlichen Ärzte-Pool“, sagt Peter Cremerius aus der Südstadt, der nicht mehr praktiziert, aber weiterhin im Mediziner-Forum „MedFor“ tätig ist. Die noch hohe Ärztedichte stelle sicher, dass „im Quartal drei, höchstens vier“ unattraktive Dienste geschoben werden müssten. „Das bedeutet eine geregelte Freizeit“, sagt Cremerius. „In ländlicheren Gegenden ist das anders, da ist man fast jede Woche dran – und das schreckt manchen zurück. Stichwort: Life Balance.“

Eine Negativ-Wirkung habe nach Cremerius’ Meinung aber auch die zunehmende Bürokratie. „Wer sich niederlassen und praktizieren möchte, dem wird es heute zehn Mal schwieriger gemacht als noch vor 30 Jahren“, schildert der Mediziner aus eigener Erfahrung. „Hygienestimmungen, Datenschutz, Digitalisierung, Sicherheitsmanagement – die Kassen machen es zunehmend komplizierter. Auch das schreckt ab.“

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