Für mehr Klimaschutz Wirtschaftsweise wollen Benzin und Heizöl spürbar teurer machen

Berlin · Die Wirtschaftsweisen plädieren für eine rasche Verteuerung von Benzin, Diesel und Heizöl im Verkehrs- und Gebäudesektor, damit Deutschland seine Klimaziele bis 2030 und 2050 noch erreichen kann.

 Der Essener Ökonom Christoph Schmidt ist Vorsitzender des Rates der Wirtschaftsweisen.

Der Essener Ökonom Christoph Schmidt ist Vorsitzender des Rates der Wirtschaftsweisen.

Foto: ullstein

Um den Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) durch Verkehr und im Gebäudesektor zu verringern, soll die Bundesregierung Benzin, Diesel und Heizöl möglichst rasch durch die Einführung eines CO2-Preises verteuern. Das empfehlen die fünf Wirtschaftsweisen in einem Sondergutachten, das sie am Freitag Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) überreichten. Dafür habe die Regierung zwei Optionen: Entweder führe sie einen nationalen Emissionshandel für CO2-Zertifikate im Verkehrs- und Gebäudesektor ein – oder sie entscheide sich für eine neue CO2-Steuer auf Benzin, Diesel und Heizöl.

Die Ökonomen halten damit auch den von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) in der vergangenen Woche vorgeschlagenen Weg einer neuen CO2-Steuer für gangbar. Zwar sei die Ausweitung des für die Industrie bereits existierenden europäischen Emissionshandels auf alle Wirtschaftsbereiche aus ökonomischer Sicht die beste Variante. Da diese Ausweitung kurzfristig jedoch politisch jedoch nur schwer umsetzbar sei, weil etwa unter den Mitgliedsstaaten keine Einigkeit darüber bestehe, brauche Deutschland eine Übergangslösung, so die Ökonomen. „Für diese Übergangslösung für den Nicht-EU-ETS-Bereich stehen zwei Wege zur Verfügung, ein separater Emissionshandel und eine CO2-Steuer“, heißt es in dem Gutachten.

Ein getrennter, nationaler Emissionshandel dürfte später leichter in den EU-Handel überführt werden können, seine Einrichtung würde aber einige Zeit in Anspruch nehmen, so die Wirtschaftsweisen. Entscheide sich die Regierung hierfür, müsse die Menge der auszugebenden CO2-Zertifikate und die künftige schrittweise Verknappung der Zertifikate am Markt festgelegt werden. „Es liegt nahe, mit einer relativ hohen Zertifikatemenge einzusteigen und diese im Zeitverlauf dann deutlicher abzusenken“, so das Gutachten. „Falls sich die Politik dafür entscheidet, einen Preiskorridor festzulegen, müssen die Pfade von Mindest- und Höchstpreis festgelegt werden“, so die Gutachter.

Eine CO2-Steuer ließe sich dagegen relativ rasch einführen, meinen die Weisen. Allerdings wisse die Regierung nicht, wie hoch die Steuer sein müsse, um eine ausreichende Lenkungswirkung zu erzielen. Ihre Einführung müsse daher ein „Entdeckungsverfahren“ sein. Die Politik müsse bereit sein, die Steuer ständig nachzusteuern, wenn sich herausstelle, dass die Klimaziele weiter verfehlt würden. Um die Akzeptanz der Bürger für die CO2-Steuer zu erhalten, müsse sie zwingend wieder abgeschafft werden, wenn die Bereiche Verkehr und Gebäude in den EU-Emissionshandel integriert werden.

Empfehlenswert sei anfangs ein Einstieg „mit einer relativ niedrigen Höhe“. Diese müsse sich an den aktuellen Preisen im EU-Emissionshandel für eine Tonne CO2 orientieren „und somit bei einem zwischen 25 und 50 Euro angesiedelten Wert beginnen“, heißt es im Gutachten. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung müssten bei beiden Varianten an die Bürger zurückverteilt werden. Dies könne die Akzeptanz erheblich steigern. Zudem müsse die Regierung ihre Pläne ausführlich öffentlich erklären.

Das Klimakabinett der Bundesregierung will bereits am kommenden Donnerstag über die Vorschläge zur CO2-Bepreisung beraten. Die SPD ist für eine CO2-Steuer, die Union hatte sich bisher mehrheitlich für den Emissionshandel ausgesprochen. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte unlängst einen nationalen Konsens für mehr Klimaschutz gefordert. Sie war zuletzt von ihrer Ablehnung einer CO2-Steuer wieder leicht abgerückt. Mitte September will die Regierung ein Klimapaket beschließen. Dass darin kein Konzept zur CO2-Bepreisung enthalten sein wird, ist nicht zu erwarten.

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