Die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist deutlich vorangeschritten. Mit Einführung der ePA im Jahr 2021 und der seit 2023 verpflichtenden Nutzung der eAU durch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wurden entscheidende Bereiche erschlossen. Während des Corona-Lockdowns wurden Angebote der Telemedizin entscheidend gestärkt - nicht nur in Berlin mit seiner digitalaffinen Bevölkerungsstruktur, sondern auch in Brandenburg, das als Flächenland mit geringer Arztdichte und der bundesweit viertältesten Bevölkerung (Altersdurchschnitt 2021: 47,3 Jahre) besonders von digitalen Behandlungsangeboten profitieren kann. Doch die Digitalisierung darf auf diesem Weg nicht stehenbleiben. Im Gegenteil: Gerade vor der Herausforderung von Fachkräftemangel und begrenzter Ressourcen müssen weitere digitale Möglichkeiten erschlossen und genutzt werden.

Unkomplizierter Zugang zu digitalen Anwendungen

Digitalisierung soll den Alltag erleichtern und von unnötiger Bürokratie entlasten. Stattdessen wird sie gegenwärtig leider durch die Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten sowie durch medizinisches Fachpersonal in ambulanten und stationären Einrichtungen als zeitraubende Belastung empfunden. Hauptgründe dafür liegen unter anderem in der fehlenden Interoperabilität in der Telematikinfrastruktur oder in Medienbrüchen von analogen zu digitalen Prozessen. Ebenso wie die Leistungserbringer wünschen sich auch Patientinnen und Patienten unkomplizierte Zugangsmöglichkeiten und Identifikationsverfahren.

Entscheidend für eine höhere Akzeptanz und bessere Nutzung digitaler Angebote ist daher eine Vereinfachung der Prozesse. Nur so wird sich allen Seiten der Mehrwert der Digitalisierung erschließen.

Opt-out-Lösung für die elektronische Patientenakte (ePA)

Die elektronische Patientenakte (ePA) kann die Versorgung und Sicherheit der Versicherten entscheidend verbessern: Sind alle wichtigen Gesundheitsdaten an einem Ort digital gespeichert, haben die Versicherten sowie die Ärztinnen und Ärzte schnellen Zugriff auf Informationen zu Gesundheitsstatus, bisherigen Behandlungen und Medikationen der Patientinnen und Patienten. Das ist vor allem bei Notfällen wichtig, in denen jede Sekunde zählt, und hilft, Doppeluntersuchungen (zum Bei-spiel bei Röntgenaufnahmen) oder Fehlmedikationen zu verhindern.

Damit die ePA ihre volle Wirkung entfalten kann, sind jedoch folgende Punkte wichtig:

  1. Die Versicherten müssen jederzeit die Hoheit über ihre Daten haben.
  2. Einrichtung und Zugang zur ePA müssen einfach gestaltet sein, ohne die Datensicherheit zu gefährden. 
  3. Für Praxen, Krankenhäuser und anderes medizinisches Fachpersonal muss es verpflichtend sein, Daten in die ePA einzustellen.

Die TK setzt sich deshalb für eine Opt-out-Regelung bei der ePA ein: Für alle Versicherten wird von ihrer Krankenkasse automatisch eine ePA eingerichtet, wenn die Versicherten dem nicht widersprechen. Versicherte können dabei entscheiden, wer welche Daten einsehen darf. 

Vereinfachte Nutzung des elektronischen Rezepts (E-Rezept)

Das E-Rezept kann nicht nur Papier sparen, sondern vor allem die Sicherheit der Patientinnen und Patienten deutlich erhöhen, wenn zum Beispiel bei der Verordnung eines Medikaments automatisch auf mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten hingewiesen wird. Dazu ist allerdings eine Verknüpfung mit der ePA und ihren Inhalten notwendig.

Zudem werden Versicherte von einer Nutzung des E-Rezepts abgehalten, wenn sie dazu mehrere Apps nutzen müssen. Die TK setzt sich deshalb dafür ein, das E-Rezept alternativ zur App der gematik in die Apps der Krankenkassen zu integrieren. Diese Schnittstelle muss im Sozialgesetzbuch verankert werden. Alle Gesundheitsdienste werden so gebündelt und stehen nach einem einzigen Log-in für die Versicherten zur Nutzung zur Verfügung.

Stärkere Digitalisierung der Krankenhäuser

Die Digitalisierung im stationären Bereich hat in der Hauptstadtregion dank verschiedener Förderprogramme einen deutlichen Sprung gemacht: 39 der 50 Krankenhäuser im Berliner Krankenhausplan haben Mittel aus dem "Zukunftsfonds Krankenhaus" von Bund und Bundesländern beantragt. Das Geld dient unter anderem dazu, mittels digitaler "Patientenportale" die Kommunikation bei Aufnahme, Entlassung und während des Krankenhausaufenthalts einfacher zu gestalten. 142 der 217 Millionen Euro für Berlin bereitgestellten Mittel waren Anfang 2023 bereits bewilligt. Ähnlich in Brandenburg, wo mehr als 88 von 127 Millionen Euro schon genehmigt wurden. Insgesamt haben hier 45 der 53 Krankenhäuser Mittel beantragt.

Der Zwischenbericht des von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen DigitalRadars sieht Berlins Kliniken mit 37,4 von 100 Punkten bundesweit an der Spitze. Auch Brandenburger Einrichtungen liegen mit 34,9 Punkten über dem bundesweiten Durchschnitt von 33,3.

Trotz dieser Erfolge muss die digitale Entwicklung der Krankenhäuser weitergehen. Dank Digitalisierung können gerade im Krankenhausbereich knappe Ressourcen geschont, medizinisches und pflegerisches Personal von Bürokratie entlastet werden. Damit die verschiedenen Förderprogramme jedoch ihre maximale Wirkung für die Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg entfalten, ist eine zielgerichtete Verwendung der finanziellen Mittel unabdingbar. Ministerium und Senatsverwaltung sollten deshalb auf eine kohärente Förderungspolitik achten: Einzelanträge eines Hauses müssen sinnvoll zusammengedacht werden (Krankenhauszukunftsfonds) sowie die Vernetzung und Anschlussfähigkeit mit anderen Strukturen gewährleistet sein (Strukturfonds II). 

Die TK wird den Vergabeprozess in diesem Sinne weiterhin konstruktiv begleiten und befürwortet ausdrücklich digitale Pilotprojekte oder Langzeitinitiativen in der Region. Dazu gehören unter anderem die gemeinsame elektronische Behandlungsakte von Charité und Vivantes in Berlin, die Initiative "Next Generation Hospital" des Ernst-von-Bergmann-Klinikums Potsdam mit anderen Krankenhäusern und dem Hasso-Plattner-Institut sowie der Aufbau des Innovationszentrums Universitätsmedizin Cottbus.

Stärkung der Telemedizin

Die Nachfrage nach Videosprechstunden hat in der Coronapandemie sprunghaft zugenommen: Allein im ersten Halbjahr 2021 machten TK-Versicherte in Berlin 101.956 Mal von der Möglichkeit der Online-Sprechstunde Gebrauch. In Brandenburg nutzten in diesem Zeitraum insgesamt 7.308 TK-Versicherte den Kontakt per Video. Stark wachsende Anmeldezahlen verzeichnet auch die von der TK über eine App angebotene TK-OnlineSprechstunde.

Die Videosprechstunde sollte auch nach der Pandemie einen festen Platz für eine flächendeckende medizinische Versorgung einnehmen. Die TK appelliert deshalb an die Landesärztekammer Brandenburg, den Weg für die ausschließliche Fernbehandlung endlich freizumachen. 

Nicht zuletzt die Coronapandemie hat daneben auch gezeigt, wie wichtig ein schneller und sicherer Austausch von medizinischer Expertise ist: Im Rahmen des Konzepts "SAVE Berlin@COVID-19" entschieden Ärztinnen und Ärzte verschiedener Krankenhäuser in Berlin und Brandenburg, ob Patientinnen und Patienten zur weiteren Behandlung in die Charité verlegt werden müssen.

Ein weiteres Beispiel für gelungene grenzüberschreitende telemedizinische Versorgung: das Projekt "MACCS", bei dem die TK mit der Charité Berlin kooperiert. Nach einer Nieren- oder Pankreastransplantation werden Medikamentenplan, Vital- und Laborwerte elektronisch abgeglichen sowie bei Bedarf eine telemedizinische Akutsprechstunde durchgeführt. 209 TK-Versicherte haben das Angebot bislang bereits genutzt. 

Konsequenter Breitbandausbau in der Gesundheitsregion 

Ein leistungsfähiges Internet für alle ist nicht nur ein Standortvorteil, sondern zwingende Voraussetzung für Anwendungen der Telemedizin und des Telemonitoring. Hier bleibt trotz aller Bemühungen der Landesregierungen noch viel zu tun. So zeigt der Breitbandatlas der Bundesnetzagentur gerade in Brandenburg noch immer weiße Flecken. Zur Beseitigung stellt das Land Brandenburg über die ILB rund 215 Millionen Euro bereit. Im Sommer hat das Brandenburger Kabinett zudem das Digitalprogramm 2025 aufgestellt. Die TK begrüßt alle Bemühungen, den Netzausbau sowie digitale Möglichkeiten und Kompetenzen der Nutzenden voranzutreiben.

Grenzüberschreitende Versorgung vereinfachen

Was für die Berlin und Brandenburg gilt, gilt in gleichem Maße für die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn in Polen: In der Grenzregion entlang Oder und Neiße nutzen Menschen schon jetzt vielfach die gesundheitliche Versorgung des Nachbarlandes oder arbeiten dort, unter anderem im Gesundheitswesen. In den Bereichen Wirtschaft und Kultur haben drei Europaregionen in Brandenburg ihre Kooperation bereits verstärkt. Nun muss Europa auch im Gesundheitssektor weiter zusammen-wachsen. Es gilt unter anderem, den reibungslosen Ablauf von Behandlungen zu gewährleisten.

Auf Bundesebene muss deshalb der europäische Gesundheitsdatenraum bei der Weiterentwicklung der ePA und der Telematikinfrastruktur mitgedacht werden. Ebenso wichtig sind regionale Pilotprojekte. So würde die grenzüberschreitende Harmonisierung von Datenverwaltungssystemen in den Krankenhäusern und Arztpraxen administrative Prozesse vereinfachen. Die TK ermuntert insbesondere Brandenburg, dafür Mittel bereitzustellen.

Posi­tion Digi­ta­li­sie­rung Berlin und Bran­den­burg

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