TK: Für immer mehr Krankenhausleistungen finden sich Belege, dass eine Konzentration auf spezialisierte, leistungsstarke Zentren die Behandlungsqualität signifikant verbessert. Der TK-Meinungspuls zeigt außerdem, dass die Menschen bereit sind, damit verbundene längere Wege in Kauf zu nehmen. Was muss sich an der Finanzierung und der Planung ändern, damit der Fokus mehr auf die Qualität der Versorgung gelegt wird?

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Uwe Zimmer: Der weit überwiegende Teil der Krankenhausleistungen sind der Grund- und Regelversorgung sowie der Notfallversorgung zuzuordnen. Diese Leistungen müssen für die Menschen weiter in der Fläche und in den Ballungsräumen gut erreichbar bleiben. Dazu braucht es in erster Linie eine bedarfsgerechte Zahl von qualifizierten Beschäftigten mit ausreichend Zeit für die Versorgung der Patientinnen und Patienten. Die aktuelle Finanzierung weist seit zwanzig Jahren eine Schere zwischen der Entwicklung der allgemeinen Personalkostenentwicklung und den Landesbasisfallwerten auf. Dadurch werden die Arbeitsbedingungen des Personals verschlechtert und die Qualität gemindert. Dieses Defizit ist zunächst prioritär zu beseitigen. Darüber hinaus braucht es eine Ergänzung der Vergütungen um Vorhalteelemente und eine ausreichende Finanzierung der Notfallversorgung. Die Pauschalen für die ambulante Notfallversorgung in den Krankenhäusern im Land Bremen wurden seit 30 Jahren nicht angehoben. Die Krankenkassen haben darüber hinaus eine sachgerechte Vergütung von leistungsstarken Zentren, obwohl diese in der Krankenhausplanung ausgewiesen wurden, seit Jahren massiv behindert. Insofern wäre eine Aufhebung dieser Blockadehaltung ein erster wichtiger Schritt, den weiteren Ausbau von Zentren zu fördern.

TK: Der Gemeinsame Bundesausschuss hat im Frühjahr dieses Jahres - zunächst zeitlich befristet - Voraussetzungen für digitale Zentren bei der Behandlung von Covid-19-Erkrankten festgelegt. Wird das ein Modell für die Zukunft sein? Wo sehen Sie die Grenzen und wo die Chancen solcher Kooperationsformen?

Zimmer: Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu den Zentren haben sich als völlig kontraproduktiv erwiesen. Mit diesen Richtlinien wird der Ausbau von Zentren blockiert und bürokratisiert. Es wird am Ende weniger Zentren geben und nicht mehr und diese wenigen Zentren werden schlechter finanziert als bisher. Es ist nicht erkennbar, dass es daher zu einer Umsetzung der in der Frage erwähnten Richtlinie im Land Bremen kommt. Die Krankenhäuser haben schlicht keine Zeit sich um die GBA Bürokratie zu kümmern. Sie müssen sich vorrangig um die Versorgung der Patientinnen und Patienten sorgen. Durch die erhebliche allgemeine Unterfinanzierung der Krankenhäuser (siehe oben) und die damit verbundenen überhöhten Personalbelastungen sind die Krankenhäuser darüber hinaus in Verbindung mit der Pandemie seit Monaten an den Grenzen der Leistungsfähigkeit angekommen.

TK: Wie schätzen Sie die getroffenen Vereinbarungen des Koalitionsvertrages aus der Sicht der Krankenhäuser ein?

Zimmer: Die Krankenhäuser im Land Bremen begrüßen grundsätzlich die im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP vorgestellten Vorhaben zur Gesundheits- und Pflegepolitik.

Positiv hervorzuheben ist die Absicht der künftigen Koalitionäre, das von ver.di, Deutschem Pflegerat und DKG gemeinsam erarbeitete Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstrument (PPR 2.0) kurzfristig umzusetzen. Des Weiteren begrüßen wir die Vorhaben die Probleme der Sektorentrennung im deutschen Gesundheitssystem anzugehen. Damit werden die Krankenhäuser neue ambulante Behandlungsmöglichkeiten für die Patienten aufbauen können. Auch die Überlegungen zur integrierten Notfallversorgung bieten die Chance zu sachgerechten Lösungen unter Einbezug der Krankenhäuser zu kommen.

Noch unausgereift und kompliziert sind die Vorschläge zu Neugestaltung des DRG Systems. Ein an Versorgungsstufen differenziertes System erlösunabhängiger Vorhaltepauschalen klingt äußerst bürokratisch. Hier wird sich noch erweisen müssen, ob tatsächlich eine sachgerechte Reform des DRG-Systems gelingt.

Die Vorschläge für die Krankenhausplanung insbesondere zu Leistungsgruppen und Versorgungsstufen passen nicht auf die Anforderungen im Land Bremen und werden von der HBKG sehr kritisch bewertet.

Der formulierte Wille zu Bürokratieabbau klingt sehr schön, steht jedoch im Widerspruch zur Umsetzung der Formulierungen zur Krankenhausplanung und zum Vergütungssystem. Die bisherigen Formulierungen dazu werfen eine Reihe von Abgrenzungsfragen auf und deren Umsetzung ist dann wahrscheinlich mit anschließenden Nachweis- und Kontrollpflichten verbunden.

Die Ankündigung der neuen Regierung, kurzfristig einen Corona- Expertenrat zu bilden, eröffnet die Perspektive zu einem neuen Politikstil im Umgang mit der Pandemie