Medizin:Mahnung zu Cytotec

Schwangerschaft

Cytotec wird zur Einleitung von Geburten verwendet.

(Foto: Caroline Seidel/dpa)

Nach den Berichten um das Medikament Cytotec bei Geburten hat die deutsche Arzneimittelbehörde Hinweise auf Fehlanwendungen erhalten. Nun verweist sie auf mögliche Gefahren einer zu hohen oder falschen Dosierung.

Von Felix Hütten

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat sich in Form eines sogenannten Rote-Hand-Briefs zum Thema Cytotec geäußert. Demnach seien dem Institut in den vergangenen Wochen vermehrt Hinweise auf zum Teil schwere Nebenwirkungen bei der Nutzung des Medikaments zur Geburtseinleitung zugetragen worden. Demnach habe es Fehler bei der Dosierung und der Darreichungsform gegeben. Im Februar hatten SZ und Bayerischer Rundfunk berichtet, dass es bei der Dosierung des eigentlich als Magenmittel zugelassenen Medikaments, das sehr häufig zur Geburtseinleitung verwendet wird, zu Problemen kommen kann.

Das Amt weist nun darauf hin, dass Schwangere keine händisch zerkleinerten Cytotec-Tabletten erhalten sollen. Üblicherweise stellen Klinikapotheken eigens Tabletten mit der für die Geburtseinleitung geeigneten niedrigeren Dosierung her. Auch werden aus dem Ausland dort zugelassene Präparate in der angemessenen Dosierung importiert. "Das eigenhändige Stückeln der Tablette ist kein geeignetes Vorgehen, um eine korrekte Dosierung zu erhalten", betont Sven Kehl, Leiter der Geburtshilfe an der Uniklinik Erlangen. Auch sollen dem Brief zufolge Tabletten unsachgemäß rektal verabreicht worden sein.

Mögliche Fehlanwendungen dürften auf menschliches Versagen zurückgehen

Mit Rote-Hand-Briefen, von denen jährlich mehrere Dutzend verschickt werden, weist das BfArM Mediziner und Krankenhäuser auf Vorsichtsmaßnahmen und Probleme hin. Allerdings prüft das Amt, das keine Kompetenz als Gutachter hat, eingehende Hinweise nicht auf Kausalität. Patienten wie Angehörige können Probleme melden, woraufhin das Amt verpflichtet ist, diese zu sammeln und in Form eines Rote-Hand-Briefs zu veröffentlichen.

Im Fall von Cytotec sind die Einschränkungen des formal nicht für die Geburtseinleitung zugelassenen Medikaments seit Langem bekannt und in den Leitlinien der Fachgesellschaften dokumentiert. Die Anwendung des in den Tabletten enthaltenen Wirkstoffs ist in der Geburtsmedizin seit vielen Jahren weltweite Praxis. Zahlreiche Studien zeigen, dass das Verfahren bei richtiger Dosierung erfolgreich ist und im Vergleich zu anderen Medikamenten zu weniger Kaiserschnitten führt.

Entsprechend äußert sich auch die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe DGGG: Die Cytotec-Tablette mit der Wirkstoffmenge von 200 Mikrogramm Misoprostol sei nicht geeignet für die Geburtshilfe, der Wirkstoff aber bei richtiger Dosis schon. Auf die richtige Anwendung wies bereits ein Rote-Hand-Brief im Jahr 2017 hin. Dass bei Behörden nach umfangreicher Berichterstattung vermehrt Verdachtsmeldungen eingehen, kommt häufig vor - so auch in diesem Fall.

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