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Hamburg Medizinische Versorgungszentren

So will die FDP für mehr Transparenz sorgen

Freie Autorin
Kliniken und Krankhäuser sollen nach dem Willen der FDP den Besitz von Medizinischen Versorgungszentren oder Arztpraxen ausweisen Kliniken und Krankhäuser sollen nach dem Willen der FDP den Besitz von Medizinischen Versorgungszentren oder Arztpraxen ausweisen
Kliniken und Krankhäuser sollen nach dem Willen der FDP den Besitz von Medizinischen Versorgungszentren oder Arztpraxen ausweisen
Quelle: pa/dpa/Jens Büttner
Wer steckt hinter einem Medizinischen Versorgungszentrum oder einer Arztpraxis? Hamburgs FDP will für mehr Transparenz sorgen, damit sich Patienten eine unabhängige Meinung bilden können.

Mit der Einführung der Medizinischen Versorgungszentren, kurz MVZ genannt, erweiterte der Gesetzgeber vor 15 Jahren nicht nur die Beschäftigungsmöglichkeiten für Ärzte in der ambulanten Versorgung. Zudem öffnete sich die Tür für neue Wettbewerber. Seither dürfen neben Vertragsärzten auch Krankenhäuser, Heil- und Hilfsmittelerbringer, Rehaeinrichtungen, Apotheker oder Kommunen diese Einrichtungen betreiben. Doch wer steckt letztlich hinter einem MVZ? Hamburgs FDP fordert nun mehr Transparenz, einen entsprechenden Antrag bringen die Liberalen am Mittwoch in die Bürgerschaft ein.

Der Senat müsse „in Gesprächen mit den Kliniken und Krankenhausträgern in Hamburg darauf hinwirken, dass diese sich im Rahmen einer Selbstverpflichtung darauf festlegen, Medizinische Versorgungszentren Arztsitze in ihrem Besitz transparent auszuweisen“, heißt es in dem zweiseitigen Antrag. Auch sollte Rot-Grün dafür sorgen, dass beim Betreten der Praxis diese Kennzeichnung bereits erkenntlich sei. Und nicht zuletzt müsse der Hamburger Senat mithilfe einer Bundesratsinitiative eine bundesgesetzliche Regelung anstreben, „die eine Transparenzpflicht manifestiert“.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Jennyfer Dutschke, erklärt im Gespräch mit WELT: „Patienten vertrauen auf die Sachkunde und das Urteilsvermögen ihres Arztes. Wenn dieser das Krankenhaus für notwendige Folgebehandlungen – wie operative Eingriffe – empfiehlt, muss der Patient oft ohne eigene medizinische Fachkenntnisse abwägen, ob er die empfohlene Operation durchführen lassen will.“ Dabei konsultierten Patienten häufig einen weiteren Arzt zum Zwecke einer zweiten Einschätzung.

„Wir setzen uns dafür ein, dass der Patient bei der Einholung von Erst- und Zweitmeinung weiß, wer ihm zu einer Operation rät und wer möglicherweise zu einer konservativen Therapie“, betont Dutschke. Mit der Forderung nach einer transparenten Ausweisung, wenn etwa ein Krankenhauskonzern die Trägerschaft über eine Praxis oder ein medizinisches Versorgungszentrum übernommen hat, wollen die Liberalen „die Meinungsbildung des Patienten über notwendige medizinische Eingriffe stärken“.

Da Großinvestoren direkt kein MVZ betreiben dürfen, entwickelten sie Experten zufolge diverse Umgehungsstrategien – und kaufen zum Beispiel Krankenhäuser auf, die wiederum als MVZ-Träger fungieren. Ferner sind Krankenhausträger dazu übergegangen, Sitze von niedergelassenen Ärzten aufzukaufen und diese in Form von juristischen Personen des Gesellschaftsrechts weiter zu betreiben – oft im Konstrukt eines Medizinischen Versorgungszentrums. Dabei bleiben die Ärzte, die einst als Niedergelassene in ihrer eigenen Praxis agiert haben, oft als Angestellte im Unternehmen des Konzerns, der die Praxis gekauft hat.

Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung waren 2017 hierzulande 2821 MVZ zugelassen, bei denen 16.419 angestellte und 1586 freiberufliche Ärzte arbeiteten. Ihre Aufgabe ist, eine patientenorientierte Versorgung aus einer Hand zu ermöglichen.

„Für den Patienten ist die Strukturveränderung nicht immer ersichtlich, da keine Transparenzpflicht besteht auszuweisen, dass der Patient nicht mehr Patient eines niedergelassenen Arztes, sondern eines Krankenhauskonzerns ist“, schreibt die FDP in ihrem Antrag weiter. Oftmals tauchten lediglich die Namen der Ärzte am Klingelschild auf, „ohne dass das Logo oder die Benennung des Krankenhauskonzerns, dem die Praxis gehört, ausgewiesen ist“. Damit werde dem Patienten eine wichtige Information vorenthalten, weil ihm nicht bewusst sei, dass er nicht nur vom Arzt seines Vertrauens für eine Operation in ein bestimmtes Krankenhaus eingewiesen werde, sondern auch von einem Angestellten eben dieses Krankenhauskonzerns.

Da diese Information für Patienten jedoch relevant sei, sollten Besitz- und Abhängigkeitsverhältnisse bereits bei Eintritt in das jeweilige Medizinische Versorgungszentrum beziehungsweise die jeweilige Arztpraxis ausgewiesen werden. Aus Sicht der FDP muss der Patient ohne tiefere Recherchen erkennen, bei wem er Kunde ist. Dutschke: „Ein Patient soll wissen, ob sein behandelnder Arzt als Niedergelassener unabhängig agiert oder ob er als Angestellter auch seinem Arbeitgeber verpflichtet ist.“ Dieser Wunsch nach Transparenz sei kein Ausdruck von Misstrauen, sondern soll die Patienten dabei stärken, sich unabhängig eine Meinung zu bilden.

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