Kinder-Gesundheit in Hamburg: Arztbesuch fällt flach

Über die Hälfte der Kinder, die gerade eingeschult wurden, hatte keine Schularzt-Untersuchung. Dabei wäre die in der Pandemie besonders wichtig.

Eine Frau guckt, wie ein Mädchen am Tisch sitzt und malt

War früher die Regel: Schulärztin führt mit Fünfjähriger die Schuleingangsuntersuchung durch Foto: Markus Scholz/dpa

HAMBURG taz | Schon klar: Wegen Corona haben die Gesundheitsämter mit der Virusverfolgung zu tun, da kann man keine perfekte Arbeit erwarten. Aber diese Zahl erschreckt dann doch: Von jüngst für die Schuleingangsuntersuchung vorgesehenen 18.918 Hamburger Kindern wurden nur 9.151 untersucht, das ist mit 45 Prozent nicht mal die Hälfte.

Dabei ist diese Untersuchung Pflicht. Und sie wäre eine Gelegenheit für die Großstadt, alle Kinder eines Jahrgangs wenigstens einmal komplett zu Gesicht zu bekommen und sich ihres Wohlergehens zu versichern, was gerade nach den Lockdowns angezeigt wäre.

In früheren Jahren, etwa 2019, fiel den Schulärzten auf, dass fast 20 Prozent der Kinder Sprachauffälligkeiten hatten und fast sechs Prozent Probleme mit der Hand-Augen-Koordination. Weitere 3,6 Prozent hatten Probleme mit der visuellen Wahrnehumg und 3,7 Prozent mit der Körperkoordination. Die Ärzte, so die Idee, beraten Eltern über Hilfen und empfehlen für Kinder, die noch nicht in Behandlung sind, weitere Abklärung.

Über 2020 und 2021 fehlen solche Daten, schließlich wurden ja gar nicht alle Kinder angeguckt. Auch zu Zähnen und Karies fehlen Daten, wurden doch auch die Schulzahnärzte für die Pandemie benötigt.

Auch über Zahngesundheit keine Zahlen

„Die Zahlen machen mich fassungslos. Die Schuleingangsuntersuchungen gibt es ja nicht ohne Grund“, sagt Schulpolitikerin Sabine Boeddinghaus, die mit Gesundheitspolitker Deniz Celik (beide: Die Linke) durch eine Anfrage davon erfuhr. Nur wenn Förderbedarfe früh erkannt würden, gebe es einen gleichberechtigten Schulstart für alle Kinder.

2021 lief es noch schlechter als im Vorjahr. Schon 2020 brach die Teilnahme auf 56 Prozent ein, was der Senat damit entschuldigte, Personal werde für die Pandemie gebraucht. Doch in diesem Jahr fallen drei Bezirke auf. In Harburg wurden nur 13 Prozent der Kinder untersucht, in Altona nur 23,6 Prozent und in Bergedorf 28,75 Prozent. Eben dort gibt es nenneswert unbesetze Stellen im Schulärztlichen Dienst. Für Deniz Celik ist das ein Grund zu fordern, diese Ämter finanziell zu stärken. Dort habe man jahrelang gespart, das räche sich nun.

Boeddinghaus fordert zudem, die Untersuchungen nachzuholen. Laut Gesundheitsbehörde sind sie formal mit dem 31. August abgeschlossen. Schulen hätten aber die Möglichkeit, Kinder, bei denen das erforderlich scheint, nachzumelden, sagt Sprecherin Anja Segert. „Diese werden dann untersucht.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.