Corona-Pandemie NRW-Kliniken verschieben Operationen

Düsseldorf · Mehr als die Hälfte der Intensivstationen in NRW meldet Einschränkungen. Teilweise fehlt den Kliniken ein Fünftel des Personals wegen Corona. Der Gesundheitsminister blickt mit Sorge auf das Ende der Schutzmaßnahmen am 2. April.

 Blick in ein Krankenzimmer. (Archiv)

Blick in ein Krankenzimmer. (Archiv)

Foto: dpa/Robert Michael

Die steigenden Infektionszahlen setzen die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen unter Druck. Innerhalb eines Tages wurden im Land 42.000 neue Corona-Fälle gemeldet, die Inzidenz stieg auf 1416. „Die hohen Neuinfektionszahlen und die damit einhergehenden Hospitalisierungen binden die Kapazitäten stark. Betroffen sind aktuell insbesondere die Normalstationen“, sagte der Sprecher von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Hier macht sich bemerkbar, dass die Infektionen bei Älteren zunehmen. „Im Ergebnis sind die Krankenhäuser derzeit in allen Regionen von NRW wie auch bundesweit stark belastet.“

Zudem fallen viele Mitarbeiter aus: „Momentan ist die Personalsituation überaus angespannt, weil vermehrt Mitarbeiter in den Krankenhäusern durch eine eigene Corona-Infektion ausfallen oder sich um infizierte Kinder kümmern müssen. In einigen Regionen des Landes fallen mehr als 20 Prozent der Beschäftigten in den Kliniken aus“, sagte Matthias Blum, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW).

Auch auf den Intensivstationen spannt sich die Lage an. Deutlich mehr als die Hälfte der 310 Intensivstationen in NRW arbeitet eingeschränkt (130) oder teilweise (79) eingeschränkt, wie die Intensivmediziner-Vereinigung Divi mitteilte. Nur noch 13 Prozent der Intensivbetten in Nordrhein-Westfalen sind frei, das ist weniger als im Bundesschnitt. In NRW habe man „sehr deutlich einen Karnevalseffekt gespürt“, sagte Divi-Präsident Gernot Marx. Vor allem in Köln waren Infektionszahlen bei jungen Erwachsenen in die Höhe geschnellt.

Wegen der angespannten Lage verschieben zahlreiche Häuser nun Operationen. „Leider befinden wir uns erneut in einer Zeit, in der viele Krankenhäuser immer häufiger planbare Behandlungen, solange dies medizinisch vertretbar ist, verschieben müssen. Die begrenzten Personalkapazitäten lassen vielfach einen Regelbetrieb jedoch nicht zu“, sagt Matthias Blum. Insgesamt sei die Lage momentan beherrschbar, aber: „Wir dürfen nicht vergessen, dass die Mitarbeiter in den Kliniken seit 2020 im ständigen Pandemiemodus arbeiten.“

Blum appellierte an die Bürger, trotz des baldigen Wegfalls vieler Corona-Regeln weiter Masken zu tragen: „Nun hat die Politik die Entscheidung getroffen, dass sie in der Bewältigung der Pandemie auf die Eigenverantwortung der Bürger setzt. Wir empfehlen jeder und jedem, weiter eine Maske zu tragen, wo dies angeraten ist, und Abstand einzuhalten.“

Mit Sorge blickt nun Laumann auf den 2. April, wenn die Übergangsregeln zu Maskenpflicht und Zugangsbeschränkungen (2G, 3G) auslaufen. Dann kann das Land diese nur noch für Hotspot-Regionen vorschreiben. „Der Bundesgesetzgeber hat für die Anwendung der Hotspot-Regelung hohe Hürden gesetzt“, sagt Laumanns Sprecher.

Da bei lokalen Ausbrüchen Patienten noch verlegt werden könnten, sei die Hotspot-Regelung gerichtsfest erst anwendbar, wenn zumindest eine überregionale Überlastung des Gesundheitswesens belegbar ist. „Problematisch ist, dass selbst ganz grundlegende Maßnahmen wie das Maskentragen in Innenräumen oder die Erstellung von Hygienekonzepten über den 2. April hinaus nur noch mit dem Nachweis einer drohenden Überlastung des Gesundheitssystems und einem Beschluss des Landtags angewendet werden können“, so der Sprecher des Ministeriums. Und selbst wenn eine Region zum Hotspot erklärt wird, sind Kapazitäts- und Kontaktbeschränkungen generell unzulässig. „Die Möglichkeiten der Länder sind damit sehr begrenzt“, so das Ministerium.

Die verschärfte Lage zeigt sich auch beim Testen. Die Zahl der PCR-Tests steigt bundesweit; der Anteil der positiven Tests erreicht ein Rekordhoch von 56 Prozent, wie der Labor-Verband ALM berichtet. Auch die Weltgesundheitsorganisation sieht das Auslaufen der Corona-Beschränkungen kritisch. Deutschland habe wie Frankreich und Großbritannien seine Maßnahmen zu „brutal“ aufgehoben, sagte WHO-Europadirektor Hans Kluge. Daher legten die Infektionszahlen zu.

Die SPD im Landtag kritisierte die Informationspolitik: „Die schwarz-gelbe Landesregierung hat keine gemeinsame Linie mehr“, sagte die parlamentarische Fraktionsgeschäftsführerin Sarah Philipp. „Deshalb schafft sie es auch nicht, den Landtag über ihren Kurs in der Corona-Politik oder zur Situation der Geflüchteten aus der Ukraine zu unterrichten.“ Zuvor sei es üblich gewesen, dass der Ministerpräsident im Vorfeld oder Nachgang zu Bund-Länder-Gesprächen den Landtag informiert habe. „Wenige Wochen vor der Landtagswahl scheint sie dazu nicht mehr in der Lage zu sein. Offenbar ist die NRW-Koalition nicht mehr existent.“

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